Datenübertragung: Bundeswehr testet Schall-Internet unter Wasser

Datenübertragung per Licht und Funk funktioniert kaum unter Wasser. Die Bundeswehr testet deshalb Schall. Ein Problem dabei ist, dass sie hören, aber beim Senden selbst nicht gehört werden will.

Ein Bericht von veröffentlicht am
Autonomer Unterwasserroboter Seacat der WTD 71: genug Bedarf für eine robuste Kommunikation unter Wasser
Autonomer Unterwasserroboter Seacat der WTD 71: genug Bedarf für eine robuste Kommunikation unter Wasser (Bild: Detlef Müller-Struck/WTD 71)

Wir kommunizieren praktisch in Echtzeit auf der Erde, auch über die Ozeane hinweg. Etwas länger dauert es zum Mars. Wir empfangen - mit ausreichend Geduld - sogar Daten aus dem interstellaren Raum. Trotzdem schaffen wir es nicht, in dem Lebensraum Daten zu übertragen, der immerhin zwei Drittel der Erdoberfläche ausmacht: im Wasser. In verschiedenen Projekten wird jedoch daran gearbeitet. Die Bundeswehr hat kürzlich eine vielversprechende Technik in der Ostsee getestet.

Inhalt:
  1. Datenübertragung: Bundeswehr testet Schall-Internet unter Wasser
  2. Datenübertragung unter Wasser ist störanfällig
  3. Andere Ansätze für Datenkommunikation unter Wasser

Bedarf für eine robuste Kommunikation unter Wasser gibt es genug: U-Boote müssten nicht mehr auftauchen, um mit ihrer Basis Kontakt aufzunehmen. Autonome Tauchroboter und Einrichtungen auf dem Meeresgrund könnten problemlos Forschungsdaten und Statusmeldungen an die Oberfläche übertragen. Eines Tages werden vielleicht auch Menschen in Habitaten auf dem Meeresgrund leben, die mit Landbewohnern kommunizieren wollen.

Im August hat die Bundeswehr im Rahmen des Projekts European Defence Agency - Smart Adaptive Long- And Short-Range Acoustic Network (EDA-SALSA) das sogenannte Liquid Internet, also die Datenübertragung unter Wasser, erprobt: In der Kieler Förde bauten Militärangehörige aus Deutschland, Finnland, den Niederlanden, Norwegen und Schweden ein System auf, über das 20 Plattformen kabellos miteinander kommunizieren konnten. Dazu gehörten Schiffe und Boote ebenso wie autonome Tauchfahrzeuge und Stationen auf dem Meeresboden. Funkbojen stellten die Verbindung zur Kommunikation über Wasser her.

Die Modems verstehen einander

"Der Test war sehr erfolgversprechend", resümiert Ivor Nissen, der die Experimentinfrastruktur organisiert hat, in einem Mail-Interview mit Golem.de. "Aus allen Nationen vorhandene Modems haben die gleiche Sprache gesprochen, es besteht damit erstmalig in Europa Interoperabilität bei adaptiven Modems."

  • Gatewayboje beim Test in Kiel: Sie dient als Schnittstelle zwischen der Kommunikation über und unter Wasser. (Bild: Tommy Kohlsdorf/WTD 71)
  • Das System ist unter anderem für Unterwasserroboter wie den Seacat gedacht. (Bild:  Detlef Müller-Struck/WTD 71)
Gatewayboje beim Test in Kiel: Sie dient als Schnittstelle zwischen der Kommunikation über und unter Wasser. (Bild: Tommy Kohlsdorf/WTD 71)

Die Kommunikation erfolgte über das Netzwerkprotokoll Gossiping Under-Water Mobile Ad hoc Network (Guwmanet), das von der Wehrtechnischen Dienststelle (WTD) 71 der Bundeswehr in Kiel konzipiert und gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie (Fraunhofer FKIE) umgesetzt wurde. Es basiert auf Schall, weil Schallwellen unter Wasser weit genug tragen - Meeresbewohner wie Wale kommunizieren über Kilometer mit Geräuschen.

"Die Natur erlaubt drei Fensterchen für eine kabellose Unterwasserkommunikation", sagt Nissen: optisch, Funk oder eben Schall. Eine optische Kommunikation, also Licht, fällt in unseren Breiten weg: Wer je in der Nord- oder der Ostsee getaucht sei, wisse um die begrenzte Sichtweite. Möglich sei nur "eine Nächstkommunikation von wenigen Metern". Eingesetzt werden könnten Leuchtdioden (LED), die deutlich weniger Energie verbrauchen als Laser.

Längstwellen schaffen es weiter ins Wasser

Funkwellen, über die wir an Land an vielen Orten Daten verschicken und empfangen, werden vom Wasser weitgehend absorbiert. Sie dringen beim Mobilfunk und GPS nur wenige Zentimeter tief ein, dann ist Schluss. Lediglich Längstwellen schaffen es weiter hinein. Diese Wellen werden denn auch für die Nachrichtenübertragung an getauchte U-Boote genutzt.

Auch die Bundeswehr setzt Längstwellen zur Kommunikation ein: Seit 1982 sendet die Marinefunksendestelle Rhauderfehn in Niedersachsen auf einer Frequenz von 23,4 Kilohertz Nachrichten an U-Boote.

Die Bandbreite ist jedoch sehr gering. Dafür ist der Aufwand umso größer: Die Sendeanlage besteht aus sechs Masten, die jeweils über 350 Meter hoch sind - und damit nach dem Berliner Fernsehturm auf dem Alexanderplatz die zweithöchsten Bauwerke in Deutschland sind.

"Einzig der Schall trägt weiter", sagt Nissen. Trotzdem ist diese Lösung nicht unproblematisch.

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Datenübertragung unter Wasser ist störanfällig 
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quineloe 10. Nov 2020

> ??? Dann steigt aber auch der Wasserspiegel um 50-100 Meter, oder? Also net Warum?

leed 09. Nov 2020

Schon Jahre lang ist die Rede von einem Autonomen Tauchroboter auf dem Jupiter Mond...

Keyla 09. Nov 2020

Die Mali Mission ist deutlich umfangreicher. Siehe MINUSMA.

Keyla 08. Nov 2020

Also denkst du, die Wale sind wichtiger als Menschenleben? Natürlich müssen die auch...



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