Hobbys fürs Social Distancing: Die Philosophie des Vollkornbrots
In der Coronakrise haben viele Menschen das Backen für sich entdeckt. Ein richtiger Eigenbrötler hat aber kein Problem damit, wenn es keine Hefe und kein Mehl mehr gibt.
Neben den offensichtlichen Hamsterkäufen an Klopapier gehört zu den merkwürdigen Phänomenen der Coronavirus-Pandemie der Mangel an frischer Backhefe und Mehl. Die kleinen Hefewürfel gehören zu den am besten versteckten Produkten in jedem Kühlregal, so dass hinter dem Ausverkauf eigentlich nur die Pizzamafia stecken konnte. Damit sollte wohl die neu entstehende Do-it-yourself-Konkurrenz ausgeschaltet werden. Aber ein echter Bäcker braucht zum Brotbacken ohnehin keine Hefe und keine Mehlpackungen aus dem Supermarkt. Wer genug Getreide gehamstert hat, kann sich monatelang in Quarantäne von Brot ernähren.
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- Home Baking statt Home Banking
Es war keine unbewusste Ahnung des herannahenden Unheils, die den eigenbrötlerischen Autor im vergangenen Herbst zum Kauf einer Getreidemühle animierte. Eher eine Art Nostalgie. Denn in Studienzeiten war ihm einmal das Rezept für ein Rudolf-Steiner-Gedächtnisbrot in die Hände gefallen, dessen aufwendige Schritte er jahrelang in WG-Küchen zelebrierte. Wer erst einmal sein eigenes Sauerteigbrot gebacken hat, kann sich nur noch schwer mit dem Angebot aus Bäckereien abfinden. Selbst wenn es sich um Vollkornbrote aus dem Bioladen handelt, die dem eigenen Produkt teilweise recht nahe kommen.
Was Sauerteigtierchen gernhaben
Wie vieles andere ist auch das Brotbacken nach dem Studium bei mir ein bisschen in Vergessenheit geraten. Das hatte mehrere Gründe. Zum einen muss man mit Sauerteig ziemlich regelmäßig und häufig backen, damit man sich nicht jedes Mal ein neues Anstellgut für den Start des Backvorgangs besorgen muss. Für eine kleine Brotform lohnt sich der zeitliche Aufwand von fast 24 Stunden aber kaum. In Studienzeiten gab es daher mit einer backbegeisterten Kommilitonin eine Art Kooperative, bei der sich beim Backen abgewechselt wurde, und jeder für den anderen alle zwei Wochen mitgebacken hat.
Zum anderen gehört zur Philosophie des Vollkornbrotes das Prinzip, das Mehl aus den Roggenkörnern möglichst frisch zu mahlen. Am besten noch handwarm aus der Mühle rieselnd, damit die Sauerteigtierchen sich wohlfühlen und die Inhaltsstoffe noch nicht degeneriert sind. Eine solche Mühle durfte früher in keiner anständigen Öko-WG fehlen. Für Single-Haushalte wirken solche Geräte mit Industriemotoren und dem Geräuschpegel eines Laubbläsers immer noch ein bisschen monströs. Mit einfachen Mühlen lässt sich aber kein feines Mehl in akzeptabler Zeit mahlen.
Woher bekommt man den Starterteig?
Da die Fidibus XL von Komo seit Anfang Oktober in der Küche steht, hatte ich bis zum Ausbruch der Coronavirus-Epidemie genügend Zeit, die alten Backfähigkeiten wieder zu beleben. Das bedeutet, den Sauerteig zum Laufen zu bringen und die Eigenarten und Funktionen des Backofens kennenzulernen. Denn das Zubereiten des Teigs und das Backen sind komplexe Vorgänge, die sich erst einmal einspielen müssen.
Das Wichtigste ist dabei der Starterteig, auch Anstellgut genannt. Es gibt abgepackte Natur-Sauerteige im Laden, die allerdings zusätzliche Hefe benötigen. Und die gibt es ja gerade nicht. Am besten ist vermutlich, zu einem Bäcker mit eigener Backstube zu gehen und um ein Gläschen Sauerteig zu bitten. Ebenfalls ist es möglich, einen eigenen Sauerteig anzusetzen, was einige Tage dauert. Dazu gibt es viele Anleitungen im Netz. Noch bequemer ist es, sich den Teig von einem Nachbarn geben zu lassen, der zufällig passionierter Hobbybäcker ist.
Dann kann es endlich losgehen.
Home Baking statt Home Banking |
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Danke für das verlinken auf den Ploetzblog. Ich selber bin über eines seiner Backbücher...
Ich muss Dir leider widersprechen. Das Vorhandensein von großen Blasen zeigt einfach nur...
Ich kenne Familien mit Brotbackautomat, die haben das Ding weil sie bei ihrem...
Wenn alle gut aufpassen und es keine neuen Lockdowns mehr gibt, müssen wir auch keine...