Meeresschutz: Tiefseebergbau schädigt Meeresboden für lange Zeit

Wissenschaftler schätzen, dass die Umwelt auf dem Meeresboden ein halbes Jahrhundert brauchen wird, um sich vom Abbau von Manganknollen zu regenerieren.

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Manganknollen auf dem Meeresboden: Rohstoffe für die Elektronikindustrie
Manganknollen auf dem Meeresboden: Rohstoffe für die Elektronikindustrie (Bild: ROV-Team/Geomar)

Rohstoffe wie Kupfer, Kobalt und Metalle der Seltenen Erden sind an Land knapp. Deep-Sea-Mining-Unternehmen wollen sie deshalb auf dem Meeresgrund schürfen. Deutsche Forscher warnen jedoch vor den Folgen: Der Tiefseebergbau beeinträchtige das Ökosystem des Meeresbodens über eine lange Zeit.

Im Rahmen des Projekts Mining Impact erforschen Wissenschaftler die Auswirkungen und Risiken des Unterwasserbergbaus, speziell der Förderung von Manganknollen. An dem Projekt, das im August 2018 gestartet wurde und noch bis Februar 2022 läuft, sind unter anderem das Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie in Bremen, das Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven und das Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel beteiligt.

Forscher simulierten Abbau im Pazifik

Die Forscher haben den Meeresboden im Discol-Gebiet im Pazifik untersucht, etwa 3.000 Kilometer vor der Küste Perus. Dort hatten deutsche Wissenschaftler 1989 das Sammeln von Manganknollen vom Meeresgrund simuliert, in dem sie den Meeresboden auf einer Fläche von etwa drei Quadratkilometern mit einer Egge umpflügten.

In 4.000 Metern Wassertiefe gibt es kaum Strömungen, weshalb die Spuren des Experiments noch sichtbar sind. "Auch 26 Jahre nach dieser Störung konnten wir die Pflugspuren auf dem Meeresboden klar erkennen", sagte Tobias Vonnahme vom Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie. Selbst kleinräumige Spuren waren noch sichtbar.

  • Nach 26 Jahren sind die Spuren des Egge auf dem Meeresboden immer noch erkennbar. (Bild: ROV-Team/Geomar)
  • Manganknollen auf dem Grund des Pazifik im Discol-Gebiet. (Bild: ROV-Team/Geomar)
  • Meesgerät erfasst die Aktivität der Mikroben im Meeresboden. (Bild: ROV-Team/Geomar)
  • Probenentnahme in einer sechs Jahre alten Pflugspur. (Bild: ROV-Team/Geomar)
Nach 26 Jahren sind die Spuren des Egge auf dem Meeresboden immer noch erkennbar. (Bild: ROV-Team/Geomar)

Die Veränderungen auf dem Meeresboden haben auch Einfluss auf das marine Leben: "Die bakteriellen Bewohner waren deutlich beeinträchtigt", sagte Vonnahme. In den alten Spuren lebten etwa ein Drittel weniger Bakterien als in unberührtem Meeresboden, in frischeren Pflugspuren war es sogar die Hälfte weniger. Die mikrobiellen Prozesse fanden die Forscher im Vergleich um drei Viertel verringert.

Schließlich hätten sich auch die biogeochemischen Bedingungen nachhaltig verändert, sagte Projektleiterin Antje Boetius. Das könnte vor allem daran liegen, dass die oberste, aktive Sedimentschicht durch den Pflug zerstört oder aufgewirbelt und davongetragen wird. Das sich absetzende organische Material können die Mikroorganismen nur noch eingeschränkt verwerten und verlieren eine ihrer Schlüsselfunktionen für das Ökosystem. Entsprechend könnten die Mikroben als Indikatoren für Schädigungen von Tiefsee-Ökosystemen durch den Knollenabbau fungieren.

Die Rohstoffe liegen auf dem Meeresgrund

Die kartoffel- bis salatkopfgroßen Knollen liegen auf dem Meeresboden. Sie bestehen zum größten Teil aus Eisen und Mangan, enthalten aber auch wertvolle Metalle wie Kobalt, Kupfer, Nickel oder Titan sowie in sehr geringem Maß Metalle der Seltenen Erden, Platinmetalle oder Wolfram. Diese Rohstoffe sind unter anderem für die Elektronikindustrie wichtig.

Alle Abbautechniken, die aktuell entwickelt werden, stören nach Ansicht der Forscher den Meeresboden bis in eine Tiefe von zehn Zentimetern massiv - so wie in dem Test im Pazifik. Ein kommerzieller Abbau würde jedoch eine Störung in einem ganz anderen Maßstab bedeuten: Dabei würden im Jahr mehrere Hundert bis mehrere Tausend Quadratkilometer Meeresboden bearbeitet.

Mikroben brauchen 50 Jahre zur Erholung

Die dabei entstehenden Schäden könnten das Ökosystem nachhaltig beeinträchtigen: "Unsere Berechnungen haben ergeben, dass die Mikroben frühestens nach 50 Jahren wieder ihre übliche Funktion voll ausüben können", sagte Vonnahme. Die Forscher stellen ihre Ergebnisse in einem Aufsatz in der Fachzeitschrift Science Advances vor.

Neben den Manganknollen werden noch zwei weitere unterseeische Rohstoffquellen geprüft: An den Hängen von Bergen auf dem Meeresgrund lagern sich im Laufe der Zeit Metalle aus dem Meerwasser ab. Diese bilden kobaltreiche Krusten, die abgekratzt werden sollen. Die dritte Ressource sind Massivsulfide, metallhaltige Schwefelverbindungen, beispielsweise Kupfer, Zink, Gold, Silber, Indium, Germanium, Wismut oder Selen, die an unterseeischen Hydrothermalquellen, den Schwarzen Rauchern, entstehen.

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