Elektroautos: Die elektrischste Tiefgarage Deutschlands

Was muss passieren, damit in zehn Jahren fast jeder in der Tiefgarage sein Elektroauto laden kann? Ein Pilotprojekt bei Stuttgart soll herausfinden, welcher Aufwand auf Netzbetreiber und Eigentümer und Mieter zukommen könnte.

Ein Bericht von veröffentlicht am
Der Netzbetreiber Netze BW hat eine Tiefgarage für Testzwecke voll elektrifiziert.
Der Netzbetreiber Netze BW hat eine Tiefgarage für Testzwecke voll elektrifiziert. (Bild: Friedhelm Greis/Golem.de)

Was von außen wie eine ganz gewöhnliche Tiefgarage aussieht, entpuppt sich von innen als der Traum vieler Elektromobilisten. Ladestecker an Ladestecker hängt dort an der Wand, gut jeder zweite der 85 Stellplätze ist mit einer Lademöglichkeit ausgestattet. In der Tiefgarage der Wohnanlage Pura Vida in Tamm bei Stuttgart lässt sich heute schon erfahren, wie die Zukunft der Elektromobilität in einigen Jahren aussehen könnte. Allerdings macht die Anlage auch deutlich, welcher Aufwand auf Eigentümer und Mieter zukommen könnte, wenn sie ihre Parkplätze elektrifizieren.

Inhalt:
  1. Elektroautos: Die elektrischste Tiefgarage Deutschlands
  2. Wie viel Leistung ist erforderlich?
  3. Lastmanagement von Anfang an einplanen

Hinter dem im Dezember 2019 gestarteten Pilotprojekt steckt der baden-württembergische Netzbetreiber Netze BW. Die Tochter des Stromkonzerns EnBW hat geschafft, was vielen Mietern und Wohnungseigentümern noch verwehrt bleibt: Sie konnten sämtliche Eigentümer in einer Versammlung dazu bewegen, der Installation der Ladeeinrichtungen zuzustimmen. Ein entscheidendes Argument: Netze BW verpflichtete sich dazu, die Kosten zu übernehmen und für ein Jahr lang den Bewohnern 45 Elektroautos vom Typ VW E-Golf und BMW i3 sowie kostenlosen Ladestrom zur Verfügung zu stellen.

Idealtypische Ladeinstallation

Der Zweck des Projekts: Der Netzbetreiber will herausfinden, welche Belastungen auf das Stromnetz zukommen, wenn in einigen Jahren tatsächlich viele Tiefgaragen mit Lademöglichkeiten ausgestattet sind. Denn davon hängt ab, ob und wie die Netze ausgebaut und verstärkt werden müssen. Daher ist es wichtig, dass die Bewohner auch tatsächlich Elektroautos haben und nutzen. Was offenbar der Fall ist.

Bei unserem Besuch Mitte Februar standen nur wenige der 45 Autos auf ihrem Stellplatz. Offensichtlich pendeln viele Bewohner damit zur Arbeit. Der Stromverbrauch von 20 der 45 Anschlüsse hat sich in zwei Monaten auf 6.700 Kilowattstunden (kWh) summiert. Bei einem angenommenen Durchschnittsverbrauch der beiden Modelle von etwa 17,5 kWh auf 100 Kilometern entspricht das einer elektrischen Fahrleistung von mehr als 38.000 Kilometern.

Netze BW hat in Tamm gewissermaßen die idealtypische Installation für eine elektrifizierte Tiefgarage aufgebaut. Das fängt schon damit an, dass der Netzbetreiber von der nahegelegenen Trafostation ein separates Anschlusskabel in die Tiefgarage verlegt hat. Dieses liefert eine Leistung von 124 Kilowatt (kW), die per Lastmanagement auf die 45 Anschlüsse verteilt wird. Der Netzbetreiber nutzt dazu die Ladelösung Charge Here des Mutterkonzerns EnBW.

Drei Unterverteilungen mit bis zu 90 kW

Dazu wird der Strom auf drei Unterverteilungen verteilt (ChargeBase), die jeweils mit 90 kW angeschlossen sind. Die mannshohen Verteilerschränke sind vollstopft mit Technik. Das liegt daran, dass die eigentlichen Ladestellen an den Parkplätzen im Gegensatz zu den üblichen Wallboxen über keine eigenen Ladecontroller, Stromzähler oder Fehlerstrom-Schutzschalter verfügen. Zu den Ladeanschlüssen führt daher sowohl ein Strom- als auch ein Netzwerkkabel.

  • In einer Tiefgarage in Tamm testet der Netzbetreiber Netze BW das Laden von Elektroautos. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Ein Jahr lang können die Bewohner 45 Elektroautos kostenlos nutzen und aufladen. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Neben 21 BMW i3 sind 24 VW E-Golf im Einsatz. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Die Ladelösung stammt von der EnBW-Tochter Charge Here. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Mit Hilfe eines RFID-Chips können die Bewohner den Ladevorgang starten. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Das zentrale Lastmanagement regelt dann, welches Auto geladen werden kann. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Herzstück der Anlage sind drei Schaltschränke mit der Kommunikations- und Ladetechnik. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Vom Tiefgaragenanschluss (l.) gehen drei Kabel für bis zu 90 kW Ladeleistung zu den Unterverteilungen. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Mehrere Wochen lang hat Netze BW die Leitungen in der Tiefgarage verlegt. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Von einer nahegelegenen Trafostation wurde ein Anschluss mit 124 kW in die Tiefgarage verlegt. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Am Übergabepunkt vor der Wohnanlage kann die Feuerwehr im Notfall den Strom abschalten. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
In einer Tiefgarage in Tamm testet der Netzbetreiber Netze BW das Laden von Elektroautos. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)

Darüber hinaus verfügen die Unterverteilungen über die Möglichkeit, Schieflasten auszugleichen. Das ist erforderlich, weil die im Projekt eingesetzten 24 VW E-Golf im Gegensatz zu den ebenfalls bereitgestellten 21 BWM i3 nur mit zwei statt drei Phasen laden. Zwar hat Netze BW schon beim Anschluss der Ladebuchsen die Phasen entsprechend durchrotiert, doch theoretisch ist immer noch möglich, dass es zu unzulässigen Schieflasten kommt. Das Lastmanagement erlaubt dabei das gleichzeitige Laden von elf Elektroautos, wobei eine Unterverteilung maximal acht Autos laden kann.

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berritorre 27. Feb 2020

Es ist aber ein kleiner Unterschied zwischen Verbrenner und EAuto wenn es darum geht wie...

Dreamwalker84 25. Feb 2020

Mit Verlaub, aber das ist doch vorne und hinten Käse: Es sind rund 45 Plätze...

norbertgriese 23. Feb 2020

Antwort auf den OP jogibaer 1. Die anderen werden nicht mitziehen. 2. Überlege, ob eine...

Invertiert 23. Feb 2020

Mit Feuerwehrspritzen problemlos löschbar, informieren statt nach Gefühl gehen.



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