Proteste gegen Gigafactory: Fabrikbau im Ludicrous Mode

Die Debatte um die geplante Gigafactory in Brandenburg ist von Ressentiments, Unklarheiten und Lügen geprägt. Doch die Politik und Tesla haben mit der geheimniskrämerischen Standortauswahl selbst zu den Protesten beigetragen.

Eine Analyse von veröffentlicht am
Video: Golem.de hat sich in Grünheide und am geplanten Standort der Gigafactory umgeschaut. (Bild: Martin Wolf/Golem.de)

Am Bäckereistand des Edeka in Grünheide ärgert man sich derzeit nicht nur über die Bonpflicht, die seit Anfang des Jahres gilt. Wenn das Stichwort Tesla fällt, halten die Menschen mit ihrer Meinung zur geplanten Gigafactory nicht hinterm Berg. Von "Da sollen doch nur Polen arbeiten" bis "Ich will hier weiter meine Ruhe haben" reicht die Kritik. Auch wenn in der Diskussion viele Ressentiments sowie unzutreffende Fakten eine Rolle spielen: Zum Gefühl der Anwohner, vom Bau der Elektroautofabrik genauso wie der nahegelegene Kiefernwald überrollt zu werden, hat auch Teslas überraschende und intransparente Standortauswahl beigetragen.

Inhalt:
  1. Proteste gegen Gigafactory: Fabrikbau im Ludicrous Mode
  2. Fake-News zu Stellenanzeigen
  3. Zwangsbeglückung mit Autofabrik

Dabei ist die Debatte in Grünheide symptomatisch für die Veränderungen, die durch die Energiewende und den Klimaschutz auf die Gesellschaft zukommen. Auch wenn es um den Bau neuer Stromtrassen oder Windräder geht, gibt es häufig Proteste von Anwohnern. Doch irgendwie muss die erneuerbare Energie schließlich erzeugt und transportiert werden. Elektroautos müssen irgendwo gebaut werden. Wenn auf der einen Seite befürchtet wird, dass Hunderttausende Jobs in der Autoindustrie durch die Elektrifizierung verloren gehen könnten, sollten Politik und Bevölkerung doch froh sein, wenn durch eine neue Elektroautofabrik in ihrer Gegend mehrere Tausend Arbeitsplätze geschaffen werden.

Viele gescheiterte Großprojekte

Doch die meist älteren Bürger aus Grünheide und Umgebung, die am vergangenen Donnerstag ihren Weg in die von Tesla eingerichtete Bürgersprechstunde gefunden haben, sind da in vielen Punkten noch skeptisch. Die wenigen Besucher zeigen sich vor allem über die möglichen Auswirkungen der Fabrik auf den Grundwasserpegel besorgt. Ein Ehepaar berichtet über den gesunkenen Wasserpegel in einem nordöstlich von Grünheide gelegenen See und befürchtet einen zusätzlichen Wasserrückgang.

  • In dem Wald bei Grünheide will Tesla seine Gigafactory 4 bauen. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Ende Januar 2020 musste das Gelände zunächst von Weltkriegsmunition geräumt werden. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Der Wald gilt als erntereifer Kiefernforst. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Die Bäume sind etwa 60 Jahre alt. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Ein Bahnstrecke führt durch das Tesla-Gelände zu einem Güterverkehrszentrum. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Nur ein Teil des Waldes soll zunächst gerodet werden. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Die Fabrik soll auf der Karte links unten zwischen Autobahn, Bahnstrecke und Güterverkehrszentrum entstehen. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Viele Bürger Grünheides wollen nicht, dass hier ein so großes Rad gedreht werden soll. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Am Rathaus hängt rechts am Eingang eine Bekanntmachung zu den Tesla-Plänen. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Tesla hat eigens ein Bürgerbüro bis Anfang Februar 2020 eingerichtet. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Noch ist es tagsüber sehr ruhig in dem Ort. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Wasseridylle an einem Fließ zwischen Peetzsee und Werlsee (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Die größte Attraktion des Ortes dürfte bald die Gigafactory werden. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Nur wenige Bürger nutzten die Gelegenheit zu mehr Informationen in dem Bürgerbüro. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Dort gab es vor allem Hinweise zu den Umweltmaßnahmen wegen des Fabrikbaus. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Erste Pläne zeigen, wo neue Bäume als Ausgleichsmaßnahmen für die Rodung gepflanzt werden sollen. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
In dem Wald bei Grünheide will Tesla seine Gigafactory 4 bauen. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)

Andere wiederum verweisen auf die gescheiterten Investitionsprojekte nach der Wende in Brandenburg: den Cargolifter, den Lausitzring, die Chipfabrik in Frankfurt (Oder). Wird Giga Berlin, wie Tesla-Chef Elon Musk die Fabrik inzwischen nennt, vielleicht die nächste Investitionsruine, weil am Ende niemand die teuren Elektroautos kaufen wird? Vermutlich wären die Proteste geringer, wenn Porsche - wie in Leipzig - in Grünheide eine Fabrik für noch teurere Sportwagen und SUVs bauen würde.

Idylle mit Autobahnanschluss

Zweifellos: Wer in einem idyllischen Ort wie Grünheide wohnt, möchte sicher nicht eine Autofabrik direkt vor der Nase haben. Nicht umsonst betreibt beispielsweise die Bundeswehr am Ufer des Werlsees ein Erholungsheim. Gleich daneben liegt eine Rehaklinik. Doch die Idylle dürfte nicht den Ausschlag für die Standortauswahl gegeben haben.

Entscheidend ist vielmehr die unmittelbare Nähe des Geländes zum dreispurig ausgebauten Berliner Ring. Der neue Flughafen BER ist ebenfalls nicht weit. Direkt an der Ausfahrt Freienbrink der A 10 soll künftig der Eingang zur Gigafactory liegen. Dort vertreibt der zuständige Förster derzeit neugierige Besucher, die sich das wegen Kampfmittelräumungen gesperrte Gelände aus der Nähe anschauen wollen. Auf der anderen Seite der Straße sind bereits umfangreiche Logistikzentren von Edeka und Lidl sowie ein Autohof. Zu DDR-Zeiten befand sich dort das Zentrallager der Stasi - Erich Mielkes Räuberhöhle, wie der Spiegel 1990 schrieb.

Von Idylle ist hier keine Spur mehr.

Bitte aktivieren Sie Javascript.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
  • ohne Werbung
  • mit ausgeschaltetem Javascript
  • mit RSS-Volltext-Feed
Fake-News zu Stellenanzeigen 
  1. 1
  2. 2
  3. 3
  4.  


das-emu 02. Feb 2020

Erntereife/Hiebreife Waldbestände gibt es sehr wohl. Ohne jetzt nen Aufsatz über Waldbau...

tomatentee 01. Feb 2020

Es gibt GFZ und GRZ und die Geschosszahl muss eingehalten werden, thats it. LOL...

norbertgriese 31. Jan 2020

Man wartet noch auf das Wertgutachtwn. Bis Ende März könnten noch Einsprüche gemacht...

thinksimple 31. Jan 2020

Alleine 1 grosse Presse hat nen Anschlusswert von knapp 500kW. Da sind ein paar...



Aktuell auf der Startseite von Golem.de
Opendesk vom Zendis ausprobiert
Ein Web-Desktop für die Verwaltung

Opendesk soll Open-Source-Software in die Behörden bringen, um sie unabhängiger von einzelnen Herstellern zu machen. Wie sieht diese digitale Souveränität aus?
Von Markus Feilner

Opendesk vom Zendis ausprobiert: Ein Web-Desktop für die Verwaltung
Artikel
  1. Stiftung Warentest: Viele Balkonkraftwerke haben Mängel
    Stiftung Warentest
    Viele Balkonkraftwerke haben Mängel

    Die Stiftung Warentest hat acht Balkonkraftwerke genauer unter die Lupe genommen und kommt zu einem ernüchternden Ergebnis: Nur eine einzige Anlage schneidet im Test gut ab.

  2. Draufgezahlt: Ford macht mit Elektroautos massive Verluste
    Draufgezahlt
    Ford macht mit Elektroautos massive Verluste

    Ford hat im 1. Quartal 2024 einen erheblichen Verlust von 1,3 Milliarden Dollar in seiner Elektroautosparte bekanntgegeben. Ford-Chef Jim Farley gelobt Besserung.

  3. General Atomics Mojave: US-Drohne mit Miniguns schießt mit 6.000 Schuss pro Minute
    General Atomics Mojave
    US-Drohne mit Miniguns schießt mit 6.000 Schuss pro Minute

    General Atomics hat eine Großdrohne mit zwei Miniguns getestet, die eine Kadenz von 6.000 Schuss pro Minute erreichen.

Du willst dich mit Golem.de beruflich verändern oder weiterbilden?
Zum Stellenmarkt
Zur Akademie
Zum Coaching
  • Schnäppchen, Rabatte und Top-Angebote
    Die besten Deals des Tages
    Daily Deals • Gigabyte GeForce RTX 4070 Ti zum Tiefstpreis • MediaMarkt: Asus Gaming-Laptop 999€ statt 1.599€ • Anker USB-Ladegeräte -45% • OLED-TV von LG 54% günstiger • Gamesplanet Spring Sale [Werbung]
    •  /