5G-Debatte um Huawei: SPD-Fraktionsführung versteht Prinzip von Single RAN nicht

Ein Positionspapier der SPD-Bundestagsfraktion will chinesische Hersteller komplett vom 5G-Ausbau ausschließen. Doch das würde in der Konsequenz bedeuten, alle Mobilfunknetze in Deutschland weitgehend neu aufzubauen.

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Single RAN
Single RAN (Bild: Deutsche Telekom)

In der SPD-Fraktion haben sich die US-Lobbyisten durchgesetzt, die einen Ausschluss von Huawei aus dem 5G-Netzaufbau fordern. In dem von der Fraktionsführung verabschiedeten Positionspapier vom 17. Dezember 2019 heißt es: "Beim Ausbau des 5G-Netzes sollten nicht-vertrauenswürdige Hersteller - insbesondere dann, wenn nicht-rechtstaatlich kontrollierte Einflussnahme, Manipulation oder Spionage nicht auszuschließen sind - grundsätzlich ausgeschlossen werden (sowohl im Kern- wie im peripheren Netz)." Alle Positionspapiere der Fraktionen zu Huawei werden derzeit, oft noch vor Verabschiedung durch die Fraktionsspitze, an die Presse weitergereicht.

  • Grafik der Telekom zu Single RAN
Grafik der Telekom zu Single RAN

Für das bestehende Netz sei aber kein sofortiger Austausch von Hardware nicht-vertrauenswürdiger Hersteller notwendig. "Spätestens beim Umstieg auf den neuen Mobilfunkstandard müssen allerdings die Sicherheitsvorgaben zur Anwendung kommen."

Dies ist inhaltlich jedoch nicht haltbar, da alle drei Mobilfunkbetreiber Single RAN einsetzen. Single RAN bedeutet: Statt eigene Netzelemente für jede Technologie zu haben, wird es in Zukunft an den Standorten eine Hardwareeinheit geben, die alle drei Mobilfunkstandards verarbeiten kann. "Bisher hatten wir drei Boxen nebeneinander für GSM, UMTS und LTE. Mit Single RAN kommt alles aus einer Hardware und wird softwaregesteuert", sagte Walter Goldenits, Technikchef Telekom Deutschland, am 17. März 2017 Golem.de. Die Lösung komme von Huawei.

Betreiber gegen Ausschluss von Huawei

Wer Huawei-Technik trotz fehlender Beweise ausschließen will, müsste also Milliarden Euro für einen weitgehenden Austausch aller drei Mobilfunknetze einplanen. 5G erfordert bei New Radio mit bestehenden Frequenzen die weitgehende Nutzung der existierenden Hardware. Das Single-RAN-Prinzip bedeutet, dass man Frequenzen refarmen, also umwidmen kann. Um 5G mit hohen Geschwindigkeiten aufzubauen, müssen C-Band-fähige Antennen (Frequenzbereich zwischen 4 GHz und 8 GHz) zusätzlich errichtet werden. 5G Stand alone könnte auch ohne die bestehende Hardware laufen, aber dann nur im C-Band und die Netzbetreiber müssten einen komplett neuen Overlay bauen.

In einer Erklärung vom Oktober 2018 hieß es dazu von der Telekom: "Heute sind das 2G (GSM), 3G (UMTS), 4G (LTE) und in Zukunft auch 5G. Bei dieser Planung ist die Telekom sehr flexibel. Denn an den modernisierten Standorten kommt die sogenannte Single-RAN-Technik zum Einsatz, die alle Komponenten in einer gemeinsamen Anlage zusammenfasst."

"Anders als in vielen Bereichen haben wir bei 5G noch zwei führende Unternehmen in Europa", gemeint sind Nokia und Ericsson. "Sie besitzen einen standortbedingten Vertrauensvorteil und sollten nicht durch Dumpingpreise vom Markt verdrängt werden können. Hierzu sind erhebliche Investitionen auf europäischer Ebene zwingend notwendig", erklärte die SPD-Fraktionsführung.

Die Telefónica hatte dagegen in einem Brief an die Bundestagsabgeordneten betont, die gegenwärtige Diskussion werde ohne jegliche Kenntnis tatsächlicher Sicherheitsrisiken geführt: "Den Netzbetreibern und offensichtlich auch dem Bund sind keine Risiken bekannt, die spezifisch von der Hardware bestimmter Hersteller ausgehen."

Die jüngst von der Bundesnetzagentur vorgelegten, generellen Sicherheitsanforderungen und Zertifizierungsverfahren seien aus Sicht von Telefónica der einzig richtige Weg, um ein erhöhtes Sicherheitsniveau zu etablieren, von dem alle Hersteller gleichermaßen erfasst würden. "Ein Großteil der IT-Hardware auch aller anderen Hersteller wird in China produziert", betonte Telefónica. Zu keinem Zeitpunkt sei das Unternehmen von der Bundesregierung oder einer Bundesbehörde darüber informiert worden, dass Kenntnisse über Spionagetätigkeiten in Mobilfunknetzen vorlägen, die durch Huawei oder die Volksrepublik China durchgeführt würden.

Huawei sei ein wichtiger Akteur und Innovationstreiber auf dem Markt und führend im Bereich der Forschung und Entwicklung. "Dem gegenüber stehen die vergleichsweise geringen Investitionen in Forschung und Entwicklung (F&E) bei europäischen Telekommunikations-Ausrüstern. Zuletzt gab der chinesische Hersteller sogar deutlich mehr für F&E aus als Nokia und Ericsson zusammen", erklärte Telefónica. Huawei sei sowohl Qualitäts- als auch Preisführer im Markt. Zudem sei die Hardware von Huawei in der Regel energieeffizienter als die der anderen Hersteller.

Nachtrag vom 18. Dezember 2019, 16:16 Uhr

Ein Sprecher des SPD-Fraktion sagte Golem.de auf Anfrage: "Die SPD-Fraktion hat sich selbstverständlich nicht von US-Lobbyisten in ihrer Positionsfindung beeinflussen lassen. Wir sehen schon, dass die Mobilfunkbetreiber mit Single-RAN-Technologie in Cluster organisiert einen wirtschaftlich optimierten Weg der Ausrüstung ihres Zugangsnetzes beschritten haben. Deshalb schlagen wir einen pragmatischen Weg vor, in dem die bisherige Technik bis zum nächsten Umrüsten der Hardware und Software auf Stand-alone-5G-Netze weiter genutzt werden kann." Hersteller, Ausrüster und Betreiber seien aufgefordert, nicht weiter an der bisherigen Architektur festzuhalten, sondern auf Open-RAN zu setzen und dem zukünftig geforderten Sicherheitsstandard flexibel begegnen zu können und herstellerunabhängiger Systemkomponenten austauschen zu können.

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Eworker 05. Jan 2020

Alles nicht falsch, aber wer hat doch gleich Merkels Handy gehackt und sie überwacht? Ich...

Eworker 05. Jan 2020

zu 1. Wir holen uns zwar gern ausländische Fachkräfte, sollten doch aber auch selber ein...

ZFunke 20. Dez 2019

Das ist bei den anderen Anbietern wie Nokia auch nicht anders. Es kommt darauf an welche...

LoopBack 19. Dez 2019

Werden die Netzbetreiber nicht auch in Zukunft Single-RAN einsetzen? Ist ja schließlich...



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