Vor der Abstimmung: Mehr als 100.000 Menschen demonstrieren gegen Uploadfilter

Deutlich mehr Menschen als erwartet haben am Samstag in Deutschland und anderen EU-Staaten gegen die EU-Urheberrechtsreform demonstriert. Allein in München versammelten sich bis zu 50.000 Demonstranten. Nach Ansicht der CDU werden sie teilweise von US-Konzernen dafür bezahlt.

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Tausende Demonstranten fordern einen Stopp der Uploadfilter.
Tausende Demonstranten fordern einen Stopp der Uploadfilter. (Bild: Friedhelm Greis/Golem.de)

In zahlreichen deutschen und europäischen Städten haben am Samstag mehr als 100.000 Menschen gegen die geplante EU-Urheberrechtsreform demonstriert. Die größte Demonstration gab es nach Angaben der Veranstalter in München mit geschätzten 40.000 bis 50.000 Teilnehmern, in Berlin zogen mehr als 20.000 Menschen vom Potsdamer Platz zum sogenannten Europäischen Haus am Brandenburger Tor. Die Teilnehmer skandierten "Wir sind keine Bots" und "Nie mehr CDU". Auf vielen Transparenten forderten sie zwar eine bessere Vergütung von Urhebern und Kreativen, jedoch vor allem den Verzicht auf Uploadfilter. Das Europaparlament stimmt am kommenden Dienstag über die Richtlinie ab.

Neben München und Berlin gab es noch Demonstrationen in fast 50 anderen deutschen Städten, darunter in Köln, Hamburg, Leipzig, Stuttgart und Frankfurt am Main. In zahlreichen anderen europäischen Städten gingen die Menschen ebenfalls auf die Straße. Demonstrationen gab es unter anderem in Wien, Paris, Amsterdam, Kopenhagen, Warschau und Stockholm.

Die Transparente richteten sich vor allem gegen die geplanten Uploadfilter, mit denen Plattformen künftig sicherstellen sollen, dass keine nicht-lizenzierten Werke hochgeladen werden. Zudem wollten zahlreiche Demonstranten zum Ausdruck bringen, dass hinter den Protesten im Netz keine Bots stecken, die von den großen IT-Konzernen programmiert wurden.

Neue Verschwörungstheorie der CDU

Doch nun behauptet die CDU im Europaparlament, die Demonstranten seien teilweise von IT-Konzernen gekauft worden. Der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, Daniel Caspary, berichtete in der Bild-Zeitung davon, dass einer Nichtregierungsorganisation bis zu 450 Euro für eine Teilnahme an einer Demonstration geboten worden sei. "Das Geld scheint zumindest teilweise von großen amerikanischen Internetkonzernen zu stammen", sagte Caspary und warnte: "Wenn amerikanische Konzerne mit massivem Einsatz von Desinformationen und gekauften Demonstranten versuchen, Gesetze zu verhindern, ist unsere Demokratie bedroht." Der Axel-Springer-Verlag, zu dem die Bild-Zeitung gehört, dürfte von dem ebenfalls geplanten Leistungsschutzrecht mit am stärksten profitieren.

  • Das Bündnis Berlin gegen 13 rief zur Demonstration gegen Uploadfilter am 23. März 2019 auf. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Die Demonstranten hatten Hunderte Plakate und Transparente vorbereitet.  (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Auf vielen Plakaten wurde der Schutz von Urheberrechten gefordert, jedoch anders als in der EU-Richtlinie geplant. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Vor allem die Uploadfilter wurden auf jede erdenkliche Weise thematisiert. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Viele Demonstranten wollten mit ihrer Teilnahme zeigen, dass sie keine elektronischen Bots sind. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Die Demonstranten lehnten nicht jede Art von Filter ab, ... (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • ... Artikel 13 jedoch besonders. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Auch beim Diesel störten sie sich nicht an moderner Filtertechnik. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Verhandlungsführer Axel Voss (CDU) war häufig Zielscheibe der Kritik. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Manche Schilder musste man sich erst erklären lassen. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Nicht nur Artikel 13, auch Google soll bekämpft werden. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Viele Nutzer befürchten, dass die Upoloadfilter keine Meme erkennen können und sie daher blockieren. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Eine Kritik an Artikel 12, der den Verlagen einen Anspruch auf die Vergütungen der Urheber sichern soll (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Mehrere Zehntausend Menschen gingen in Berlin auf die Straße. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Nutzer befürchten durch die Uploadfilter den Aufbau einer Zensur-Infrastruktur. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • "Das Internet ist für uns alle noch ein bisschen Neuland", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel vor sechs Jahren. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Das Urheberrecht sollte an das digitale Zeitalter angepasst werden. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Es wird befürchtet, dass einmal blockierte Inhalte nur schwer wieder freigegeben werden können. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Die Demonstrationen skandierten unter anderem "Nie mehr CDU". (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Axel Voss gilt als "Vater" der Reform, obwohl sich vor allem die EU-Mitgliedstaaten in den Verhandlungen durchgesetzt haben. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Viele junge Nutzer kündigten an, nie mehr die CDU wählen zu wollen. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Eine faire Vergütung von Künstlern soll auch ohne Leistungsschutzrecht und Uploadfilter umgesetzt werden. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Es gab doch ein paar richtige Bots auf der Demonstration. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Die Bots wollen das Internet retten. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Selbst die internationale Politik blieb nicht außen vor. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Nach Ansicht der Nutzer verstehen viele Politiker nicht, wie das Internet funktioniert. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Auch viele Foren befürchten große Probleme durch die Reform. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
Das Bündnis Berlin gegen 13 rief zur Demonstration gegen Uploadfilter am 23. März 2019 auf. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)

Die SPD beschloss hingegen auf einem Parteikonvent in Berlin, Uploadfilter verhindern zu wollen. Zwar wolle die Partei die Situation der Urheber verbessern und einen gerechten Interessenausgleich mit den Verwertern erreichen. "Die Verwertung und Vergütung darf jedoch nicht auf Kosten von Freiheitsrechten erfolgen", hieß es zur Begründung. Nach Angaben des SPD-Europaabgeordneten Tiemo Wölken wurde der Antrag mit einer Gegenstimme beschlossen. Wölken stellte inzwischen einen entsprechenden Änderungsantrag für die Abstimmung am kommenden Dienstag, um den umstrittenen Artikel 13 (nun Artikel 17) zu streichen.

Barley ist nun doch dagegen

Die Forderung wird auch von der SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahlen, Katarina Barley, unterstützt. "Wir halten Uploadfilter für den falschen Weg", twitterte die Bundesjustizministerin, die in den sogenannten Trilogverhandlungen die Uploadfilter noch gebilligt hatte. Mit Blick auf einen Kompromissvorschlag der CDU, der die Filter zumindest in Deutschland verhindern soll, schrieb Barley weiter: "Liebe Union, wenn Ihr einen Funken Glaubwürdigkeit bewahren wollt, unterstützt Ihr unseren Antrag im Europäischen Parlament. So können wir Uploadfilter verhindern." Die Antwort des CDU-nahen Digitalvereins Cnetz ließ daher nicht lange auf sich warten: "What, Moment, wer hat im Ministerrat zugestimmt? Wer hat da Deutschland vertreten?"

Ob die Reform einschließlich des umstrittenen Artikels 13 (17) am Dienstag eine Mehrheit findet, ist derzeit unklar. Während der Verhandlungsführer des Europaparlaments, Axel Voss (CDU), weiterhin mit der erforderlichen Mehrheit rechnet, hält Wölken es für möglich, dass zumindest der umstrittene Artikel mit den nicht im Text erwähnten Uploadfiltern noch gestoppt wird.

Nachtrag vom 23. März 2019, 21:34 Uhr

Scharfe Kritik an den Unterstellungen der CDU-Europapolitiker gab es von den Netzpolitikern der eigenen Partei. So twitterte der Bundestagsabgeordnete und Raumfahrtkoordinator der Bundesregierung, Thomas Jarzombek: "Ich finde für diesen Irrsinn keine Worte mehr. Egal welcher Meinung man ist, man muss immer Respekt vor der Meinung Andersdenkender haben." Der Verein Cnetz schrieb: "Wir wünschen uns dringend, dass hier Einhalt geboten wird!"

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Hut+Burger 08. Apr 2019

Nun, nur weil du dir nicht vorstellen kannst, wie Menschen sich ohne Bezahlung für...

janoP 27. Mär 2019

Wenn sie einen Punkt im Koalitionsvertrag ändern, ja. Wenn sie ihre Position ändern...

Frag_das_Internet 26. Mär 2019

Man stelle sich nur vor, diverse subversive Schriftgelehrte bzw. Elemente (natürlich von...

teenriot* 25. Mär 2019

Ich geb's auf. Du hast es nicht verstanden. Der Rest liegt bei dir selbst.



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