Neuronale Netze: Wie Studenten autonome Autos schlau machen

Daimler und Bosch setzen bei ihren selbstfahrenden Autos auf künstliche Intelligenz. Doch das Trainieren der neuronalen Netzwerke ist mühselig und mit viel Handarbeit verbunden.

Ein Bericht von veröffentlicht am
Die Sensorsysteme müssen zwischen den verschiedenen Objekten im Straßenverkehr unterscheiden.
Die Sensorsysteme müssen zwischen den verschiedenen Objekten im Straßenverkehr unterscheiden. (Bild: Daimler)

Einer der vielen Mythen zur künstlichen Intelligenz besteht darin, dass die Systeme nur mit genügend Daten gefüttert werden müssen, um sie lernen zu lassen. "Der Google-Translator etwa übersetzt täglich maschinell circa 100 Milliarden Wörter und wird dadurch stetig trainiert und optimiert", sagte der CDU-Abgeordnete Hansjörg Durz Ende Juni 2018 im Bundestag. Doch so einfach ist es nicht. Ein Übersetzungsprogramm lernt nicht dadurch, dass es selbst übersetzt, sondern menschliche Übersetzungen analysiert. Auch beim autonomen Fahren ist viel Handarbeit erforderlich, um sichere Systeme zu entwickeln.

Inhalt:
  1. Neuronale Netze: Wie Studenten autonome Autos schlau machen
  2. Mühsame Klassifizierung von Objekten
  3. Fusion der Sensordaten recht langsam

Wie groß dieser Aufwand ist, merken derzeit der Automobilhersteller Daimler und der Zulieferer Bosch. Beide Firmen kündigten in der vergangenen Woche an, schon im kommenden Jahr im US-Bundesstaat Kalifornien einen selbstfahrenden Shuttle-Service zu testen. Wie sie diese Aufgabe meistern wollen, erläuterten Entwickler beider Unternehmen in dieser Woche im neuen Daimler-Testzentrum für autonomes Fahren im baden-württembergischen Immendingen. Neuronale Netze und schnelle Rechner spielen dabei eine entscheidende Rolle.

Hohe Rechenleistung erforderlich

Schon jetzt sind Mercedes-Modelle wie die S- und E-Klasse mit zahlreichen Sensoren und Assistenzsystemen ausgestattet. Doch diese Systeme reichen bei weitem nicht aus, wenn sich ein Auto fahrerlos in einem dichten Stadtverkehr bewegen will. Das Auto muss dann in der Lage sein, die Verkehrssituation vollständig zu erfassen, zu verstehen und die richtige Fahrentscheidung zu treffen. Tödliche Fehler, wie im Frühjahr bei der Kollision eines Uber-Testautos mit einer Fußgängerin, dürfen dann nicht passieren.

  • Mit Stereo-Kameras nimmt Daimler ein dreidimensionales Bild der Umgebung auf. (Bild: Daimler)
  • Neuronale Netze erkennen in den Aufnahmen die unterschiedlichen Objekttypen, wie Fußgänger, Fahrzeuge oder die Fahrbahn. (Bild: Daimler)
  • Fußgänger werden dann detailliert analysiert, um ihre mutmaßliche Bewegungsrichtung zu erkennen. (Bild: Daimler)
  • Entwickler Jascha Freess erläutert, wie sich das autonome Auto in einer belebten Straße orientiert. (Bild: Daimler)
  • Uwe Franke hat die Bilderkennung bei Daimler von Anfang an mit aufgebaut. (Bild: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Mit Hilfe neuronaler Netze lassen sich auch Lidar-Aufnahmen klassifizieren. (Bild: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Aus der 3D-Punktwolke wird eine Darstellung mit den unterschiedlichen Objekten. (Bild: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Die Sensorfusion führt die Daten zusammen und erzeugt ein kohärentes Umgebungsbild. (Bild: Daimler)
  • Auf der Teststrecke in Immendingen lassen die Entwickler die Autos selbstständig fahren. (Bild: Daimler)
  • Dabei müssen sie in der Lage sein, alle Fahrsituationen sicher zu beherrschen. (Bild: Daimler)
Mit Stereo-Kameras nimmt Daimler ein dreidimensionales Bild der Umgebung auf. (Bild: Daimler)

Daimler und Bosch entwickeln die erforderliche Hard- und Software weitgehend selbst. Das gilt sowohl für die Sensorauswertung und die Sensordatenfusion als auch für die Fahrwegplanung. Als Kooperationspartner für die schnelle Steuereinheit wurde – ebenfalls in der vergangenen Woche – der US-Chiphersteller Nvidia präsentiert. Auf dessen Plattform Drive PX Pegasus sollen die Billionen an Rechenoperationen in jeder Sekunde durchgeführt werden, die für das autonome Fahren erforderlich sind. Je mehr Schichten ein "tiefes" neuronales Netz hat, desto mehr Rechenleistung ist nötig.

Von Pixeln zu Stixeln

Eine große Rechenleistung braucht es auch deswegen, weil die Kooperationspartner auf ein komplexes Sensorsystem mit Kamera, Lidar und Radar setzen. Vor allem die Kameras liefern viele Rohdaten, die nicht über den Fahrzeugbus zum Zentralrechner geschickt werden können. Um die Datenlast zu reduzieren, hat Daimler das sogenannte Stixel-Konzept entwickelt, mit dem das Bild von ein bis zwei Millionen Pixeln in wenige Hundert Stäbe (Sticks) reduziert wird. Die Stixel repräsentieren unterschiedliche Objekte im Verkehrsraum, beispielsweise Verkehrsteilnehmer, Fahrbahn, Straßenschilder, Bäume und andere Gegenstände.

Entscheidend für das autonome Fahren ist nun, dass das Fahrzeug diese Objekte richtig klassifizieren kann. Schon jetzt setze Daimler bei der automatischen Fußgängererkennung seiner Assistenzsysteme auf neuronale Netze, sagt Uwe Franke, Leiter der Abteilung Bildsemantik bei Daimler. Inzwischen verfügten die neu entwickelten Netze über 24 Millionen Neuronen mit 128 Millionen Gewichten, die an Millionen Bildern lernen könnten.

Bitte aktivieren Sie Javascript.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
  • ohne Werbung
  • mit ausgeschaltetem Javascript
  • mit RSS-Volltext-Feed
Mühsame Klassifizierung von Objekten 
  1. 1
  2. 2
  3. 3
  4.  


PiranhA 23. Jul 2018

Das reicht doch für den Anfang schon mal. Ein Auto verlässt sich ja auch nicht alleine...

FreierLukas 21. Jul 2018

Denkt einfach immer an die bevorstehende Singularität. Ein Mensch brauch ewig um sich zu...

s33 21. Jul 2018

Ne, das stimmt schon so. Oliveeer meint wahrscheinlich die Einträge der Kovarianzmatrix...



Aktuell auf der Startseite von Golem.de
Altstore für iPhones ausprobiert
So wenig Spaß macht die Installation alternativer Appstores

Dank DMA lassen sich in Europa endlich alternative App-Marktplätze auf iPhones installieren. Golem.de hat das mit dem Altstore ausprobiert - mit reichlich Frust.
Ein Erfahrungsbericht von Tobias Költzsch und Daniel Ziegener

Altstore für iPhones ausprobiert: So wenig Spaß macht die Installation alternativer Appstores
Artikel
  1. US-Airforce: KI-Dogfights gegen menschliche Piloten getestet
    US-Airforce
    KI-Dogfights gegen menschliche Piloten getestet

    Die US-Luftwaffe hat erfolgreich einen Nahkampf zwischen dem X-62A-Testflugzeug mit KI-Steuerung und einem bemannten F-16-Kampfflugzeug durchgeführt.

  2. Rennspiel: EA Sports verspricht besseres Fahrgefühl in F1 24
    Rennspiel
    EA Sports verspricht besseres Fahrgefühl in F1 24

    Ein überarbeiteter Karrieremodus plus verbessertes Handling: EA Sports hat die wichtigsten Neuerungen im Rennspiel F1 24 vorgestellt.

  3. Zeichentrickserie Ark: Coole Sci-Fi mit starken Stimmen
    Zeichentrickserie Ark
    Coole Sci-Fi mit starken Stimmen

    David Tennant als Schurke, Karl Urban als Beach Bob. Sie und viele weitere Stars leihen den Figuren in der coolen Science-Fiction-Zeichentrickserie Ark ihre Stimme.
    Eine Rezension von Peter Osteried

Du willst dich mit Golem.de beruflich verändern oder weiterbilden?
Zum Stellenmarkt
Zur Akademie
Zum Coaching
  • Schnäppchen, Rabatte und Top-Angebote
    Die besten Deals des Tages
    • Daily Deals • Spring Sale bei Gamesplanet • Neuer MediaMarkt-Flyer • MindStar: AMD Ryzen 7 7800X3D 339€ • Bose Soundbar günstig wie nie • Samsung Galaxy S23 -37% • MSI OLED Curved 34" UWQHD 175Hz -500€ • Alternate: Deep Cool CH560 Digital Tower-Gehäuse 99,90€ • PS5-Spiele -75% [Werbung]
    •  /