Huawei: Erwartungen an 5G sind übertrieben, es ist trotzdem nützlich

Huawei stellte in Shenzhen seine Vision des softwaregesteuerten Mobilfunknetzes vor. 5G und die Cloud nehmen darin eine zentrale Stellung ein. Für den Endnutzer wird der Fortschritt aber vorerst weitgehend unsichtbar bleiben, und das ist laut Huawei auch der größte Vorteil von 5G.

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Eric Xu, Vorstandsvorsitzender von Huawei
Eric Xu, Vorstandsvorsitzender von Huawei (Bild: Huawei)

Während Huaweis Global Analyst Summit am 17. und 18. April 2018 im chinesischen Shenzhen mit mehr als 500 Teilnehmern wurde das Unternehmen nicht müde, die Bedeutung des neuen Mobilfunkstandards 5G zu betonen und auf seine neue 5G-Netzwerktechnik hinzuweisen. Um so mehr überraschte die Teilnehmer der Konferenz die Aussage des Rotating Chairman Eric Xu, dass die unmittelbare Bedeutung von 5G überschätzt werde: "Die gesamte Industrie und Regierungen vergöttern 5G, sie glauben, 5G wird zur digitalen Infrastruktur der Gesellschaft." Dabei handelt es sich laut ihm nur um eine Evolution, keine Revolution. Der Standard werde sich erst langsam etablieren, so Xu, es fehle noch an echten Inhalten und Nutzungsszenarien. So verwundert es wenig, dass Huawei es auch nicht eilig hat, ein 5G-fähiges Smartphone zu entwickeln. Angekündigt wurde es für das dritte Quartal 2019. Stattdessen will sich Huawei auf die Technik hinter den Kulissen konzentrieren: smarte Mobilfunk-Infrastruktur und Cloud-Angebote für Unternehmen. Nutzer in den USA bleiben dabei vorerst außen vor.

5G als potenzieller WLAN-Konkurrent

"Die 4G-Netzwerke sind heute sehr gut, derzeit fehlt es an Anwendungen, die tatsächlich 5G erfordern", meint Xu, die Verbesserungen durch 5G werden für Endanwender eher im Verborgenen liegen. 5G soll deutlich mehr Nutzer pro Zelle handhaben können als 4G und einen guten Empfang in Innenräumen bieten. Letzteres soll sich mit Hilfe von Huaweis Produktserie Lampsite sogar noch einfacher und preiswert verbessern lassen. Auf Nachfrage deutete Eric Xu an, dass 5G als Konkurrent zu Wi-Fi-Standards tauge.

Eindrucksvoll demonstriert wurde das anhand eines ferngesteuerten Modellautos. Als Controller dient ein Raspberry Pi 2, der per 5G-USB-Stick seine Steuersignale erhält und gleichzeitig darüber ein Live-Kamerabild überträgt, eine Verzögerung der Signale war nicht erkennbar. Hier handelt es sich um einen der Anwendungsfälle, in denen für Endnutzer tatsächlich die höhere Geschwindigkeit und geringe Latenz von 5G spürbar werden. Dass die Technik auch in realen Autos nützlich ist, soll eine Kooperation unter anderem mit der Peugeot-Gruppe beweisen. Dabei stehen Fahrzeuge nur exemplarisch für eine Vielzahl von IoT-Geräten, wozu Huawei selbst die Steuerung von Drohnen zählt. Mit Hilfe von 5G könnten Tausende vernetzte IoT-Geräte innerhalb einer Mobilfunkzelle senden und empfangen, ohne dass Smartphone-Benutzer unter der Maschinenkommunikation leiden müssen.

  • Die neuen 5G-fähigen Antennen beherrschen verschiedene Mobilfunkstandards. (Bild: Alexander Merz/Golem.de)
  • Alternativ können Mobilfunkmasten auch nützliche Aufgaben übernehmen oder Antennen an Strommasten Platz finden. (Bild: Alexander Merz/Golem.de)
  • Der kleine Flitzer erhält seine Steuersignale per 5G. (Bild: Alexander Merz/Golem.de)
  • Der Fahrer erhält das Livebild vom Fahrzeug ebenfalls über 5G. (Bild: Alexander Merz/Golem.de)
  • In der Praxis werden zukünftig Alltagsgegenstände vernetzt ... (Bild: Alexander Merz/Golem.de)
  • ... und auch vor Nutztieren macht IoT nicht halt. (Bild: Alexander Merz/Golem.de)
Die neuen 5G-fähigen Antennen beherrschen verschiedene Mobilfunkstandards. (Bild: Alexander Merz/Golem.de)

Flexible Netzwerkstrategien per Cloud-AI

5G soll aber auch neue Maßstäbe für breitbandige Anwendungen setzen. Huawei hat hier zwar auch Videoübertragungen und AR/VR im Sinn, aber das ist nur ein Teil der Anwendungsfälle. Die Technik kann dazu dienen, klassische kabelbasierte Breitbandleitungen zu ergänzen oder gar zu ersetzen. Insbesondere ländliche Gebiete können so schneller breitbandig ans Internet angeschlossen werden. Aus Sicht von Huawei kann es für Netzbetreiber zudem kostengünstig sein, 5G vorerst allein zu diesem Zweck einzusetzen und die letzte Meile zum Endnutzer mit dem existierenden 4G-Standard abzudecken.

Damit Netz- und Servicebetreiber ihre Netzkonfigurationen auf Basis von Huawei-Netzwerktechnik für die unterschiedlichen Nutzungsszenarien von 5G der jeweils aktuelle Situation automatisch anpassen können, stellt Huawei eigene, cloudbasierte Analyse- und Entscheidungswerkzeuge bereit. Auf Basis aktueller und historischer Traffic-Daten sollen sich so das Netz und die daraus bestehenden Mobilfunkzellen anpassen können, je nachdem, ob zum Beispiel innerhalb einer Mobilfunkzelle gerade hohe Bandbreiten für Videoübertragungen benötigt werden oder sehr viele IoT-Geräte kommunizieren. Der Nutzer soll davon nur insofern etwas mitbekommen, als die Netzqualität stets durchgängig gut bleiben soll. Dabei handelt es sich nur um einen Anwendungsfall für Huaweis Service- und AI-Cloud. Huawei will bis 2025 zu den fünf großen Anbietern für industrienahe Cloud-Angebote werden, in Kombination mit seinem Hardware- und Software-Portfolio.

Mehr (unsichtbare) Funkmasten an den Straßen

Trotz der Fortschritte in der Mobilfunktechnik mit 5G, die Anzahl der Mobilfunkmasten wird zunehmen. Um den Antennen-Wildwuchs an den bestehenden Funktürmen einzudämmen, setzt Huawei unter anderem auf Straßenlaternen. Diese sollen nicht nur über die notwendige Funktechnik verfügen, sondern auf Wunsch auch weitere Funktionen bieten, zum Beispiel USB-Ladeanschlüsse, Umweltsensoren und Displays.

USA bleiben außen vor

Die USA spielten in den Präsentationen des Unternehmens keine Rolle, Huawei adressierte Asien, Europa und Afrika als zukünftige Märkte. Nicht nur Huawei steht in den USA unter Druck, gegen den chinesischen Hersteller ZTE hat das US-amerikanische Handelsministerium während der Konferenz eine Exportsperre verhängt. Auf Nachfrage durch die Konferenzteilnehmer zum Thema äußerte Eric Xu, dass er persönlich die Differenzen zwischen China und den USA nicht verstehen könne und Huawei unabhängig davon seine Technologien weiterentwickeln werde.

Offenlegung: Golem.de hat auf Einladung von Huawei am Global Analyst Summit teilgenommen. Die Reisekosten wurden von Huawei übernommen. Unsere Berichterstattung ist davon nicht beeinflusst und bleibt gewohnt neutral und kritisch. Der Artikel ist, wie alle anderen auf unserem Portal, unabhängig verfasst und unterliegt keinerlei Vorgaben Dritter; diese Offenlegung dient der Transparenz.

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