Parkplatz-Erkennung: Bosch und Siemens scheitern mit Pilotprojekten

In zwei Pilotprojekten haben Bosch und Siemens die automatische Parkraumüberwachung getestet. Die Ergebnisse sind bislang nicht überzeugend. Neue Startups springen in die Lücke.

Ein Bericht von veröffentlicht am
Die Parksensoren von Parking Pilot werden derzeit in Berlin getestet.
Die Parksensoren von Parking Pilot werden derzeit in Berlin getestet. (Bild: Friedhelm Greis/Golem.de)

Es hört sich alles ziemlich einfach an: Sensoren überwachen künftig permanent die Parkplätze in der Stadt und zeigen den Autofahrern auf einer App oder im Navi an, wo sie ihr Fahrzeug abstellen können. Viel überflüssiger Verkehr bei der Parkplatzsuche könnte damit vermieden werden. Doch in der Praxis ist die Detektion der freien Parkplätze nicht so einfach wie gedacht. Selbst große Konzerne wie Bosch und Siemens haben damit ihre Probleme, wie erste Pilotprojekte zeigen.

  • Der kombinierte Magnetfeld-/Radarsensor von Bosch wird nicht mehr weiterentwickelt. (Foto: Bosch)
  • Der Radarsensor von Siemens wird in verbesserter Version weiter getestet. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Das Nürnberger Startup Smart City System hat ebenfalls einen Magnetfeldsensor entwickelt. (Foto: Smart City System)
  • Die Sensoren werden derzeit unter anderem am Berliner Ostbahnhof getestet. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Damit lässt sich überwachen, ob Parkplätze an Elektroladesäulen frei sind. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Das Münchner Startup Park Here hat einen piezoelektrischen Sensor entwickelt. (Foto: Park Here)
  • Ein Pilotprojekt gibt es derzeit unter anderem in München. Demnächst auch in Berlin. (Foto: Park Here)
  • Mit den Drucksensoren am rechten Parkplatzrand sollen Car-Sharing-Parkplätze überwacht werden. (Foto: Park Here)
Der kombinierte Magnetfeld-/Radarsensor von Bosch wird nicht mehr weiterentwickelt. (Foto: Bosch)
Inhalt:
  1. Parkplatz-Erkennung: Bosch und Siemens scheitern mit Pilotprojekten
  2. Startups entwickeln neue Sensoren

So präsentierte der Automobilzulieferer Bosch im April 2016 eine neue Technik für ein "Aktives Parkraummanagement", die im Raum Stuttgart an mehr als 2.000 Park-&-Ride-Parkplätzen getestet werden sollte. Für diesen Zweck hatte Bosch einen neuen Bodensensor entwickelt, der mit Hilfe von Magnetfeld- und Radardetektion einen freien Parkplatz erkennen und per Funk einem Router melden soll.

Entwicklungsaufwand für Bosch zu hoch

Doch dieses Konzept hat sich als Fehlschlag erwiesen. "Wir werden diesen Ansatz des aktiven Parkraummanagements mit den Bodensensoren nicht weiter verfolgen", sagte Firmensprecher Jörn Ebberg auf Anfrage von Golem. Der Grund: Die Detektionsergebnisse waren offenbar nicht gut genug. "Wir haben damit nicht die Qualitätsansprüche von Bosch erfüllen können. Um das mit entsprechender Marktreife zu erreichen, wäre unverhältnismäßiger Entwicklungsaufwand nötig", sagte Ebberg. Zwar werde das Pilotprojekt bis Ende November noch fortgeführt, jedoch sollen die Daten - anders als geplant - nicht im Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) zur Verfügung gestellt werden.

Stattdessen will sich das Unternehmen auf zwei andere Konzepte konzentrieren. Beim sogenannten Automated Valet Parking im Parkhaus werden die freien Parkplätze mit Laserscannern erkannt, perspektivisch sollen Kameras zum Einsatz kommen. Beim sogenannten Community Based Parking erkennen Autos im Vorbeifahren mit ihren Ultraschallsensoren freie Parkplätze. Dabei liefert die neue Mercedes S-Klasse bereits die Daten, die über ein Backend den Fahrern zur Verfügung gestellt werden sollen.

Berliner Siemens-Projekt wenig erfolgreich

Nicht gerade erfolgreich verlief auch ein von der Bundesregierung gefördertes Pilotprojekt von Siemens in Berlin. Hierbei wurden Radarsensoren an Lichtmasten installiert, um die Belegung von Ladestationen für Elektroautos kontrollieren und anzeigen zu können. Der Konzern hoffte im vergangenen Jahr darauf, bis Ende 2016 eine Erkennungsrate von 98 Prozent zu erzielen und ein "marktreifes Produkt" vorweisen zu können. Doch dieses gibt es noch nicht.

In einer 95-seitigen Auswertung des Versuchsprojektes City2e in Berlin-Friedenau schweigt sich Siemens über konkrete Detektionsraten aus. Die beteiligte Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt hat hingegen die Belegungsdaten der Ladesäulen mit den Sensordaten verglichen und kommt zu dem Schluss: "Von ca. 37.000 Wertepaaren (Minutenintervallen), an denen beide Quellen als verlässlich eingestufte Daten lieferten, wurden vom Detektor an rund 31.500 Intervallen gleich viele oder mehr Parkplätze als belegt angezeigt als an der Ladesäule. Dies entspricht einer Plausibilität der Daten unter den oben dargestellten Einschränkungen von rund 85 Prozent." Eine solche Detektionsrate ist noch alles andere als marktreif.

Neue Sensoren sollen bessere Ergebnisse liefern

Offenbar gibt es in den Innenstädten zu viele Störfaktoren, die die Detektionsergebnisse von Sensoren auf Basis elektromagnetischer Felder beeinflussen. Aus der Senatsverwaltung hieß es, man sei "ganz, ganz weit weg von einer akzeptablen Fehlerrate" gewesen. Etwas positiver heißt es in dem Bericht: "Die Güte der Erkennung ist dabei stark von den Vor-Ort-Bedingungen (Montageort des Detektors, Ausrichtung der Parkstände, Beeinflussungen des Erfassungsbereiches durch z. B. Bäume) und der Projektphase abhängig. Unter günstigen Rahmenbedingungen konnte eine gute Erkennung und räumliche Verortung der Fahrzeuge bei gleichzeitig niedrigen Latenzzeiten beobachtet werden."

Anders als Bosch gibt Siemens das Projekt jedoch nicht auf und setzt stattdessen auf eine neue Generation von Radarsensoren. Die arbeiten mit 77 GHz statt zuvor mit 24 GHz. Mit verbesserten Algorithmen seien in Feldtests Detektionsraten mit "hohen 90-er Prozentwerten durchgängig erreicht" worden. Doch ob die Werte in der Praxis erzielt werden, ist noch offen. "Wir haben jüngst begonnen, die ersten Piloten in Europa mit der neuen Sensorik in Betrieb zu nehmen und können in den nächsten Monaten erste verlässliche Aussagen zu Detektionsraten machen", teilte ein Sprecher mit.

Aus dem vorläufigen Scheitern in Berlin könnte dann ein endgültiges Scheitern des Projekts werden. Ob und wie das Projekt in Berlin weitergeführt wird, ist hingegen unklar. Das soll demnächst mit der Senatsverwaltung besprochen werden. Von einem "flächendeckenden Aufbau des Systems", wie ein Bundestagsbeschluss zur Intelligenten Mobilität gefordert hatte, ist man noch weit entfernt.

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Startups entwickeln neue Sensoren 
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gadthrawn 26. Sep 2017

Viele Kameras haben mangelhafte Sicherheit und werden nach Verkauf kaum gepflegt. Wie...

k@rsten 24. Sep 2017

Zum Beispiel?

LinuxMcBook 20. Sep 2017

All das setzt aber voraus, dass sich jemand die Mühe macht und die Verschlüsselung der...

LinuxMcBook 20. Sep 2017

Du hast noch nicht die Frage beantwortet, wieso man auf Privatparkplätzen nicht deswegen...



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