Bonaverde: Von einem, den das Kaffeerösten das Fürchten lehrte

Die Hightech-Kaffeemaschine eines deutschen Startups steht immer wieder im Fokus des Interesses - aber nicht immer aus den erhofften Gründen. Gründer Hans Stier hat Golem.de erzählt, was trotz einer guten Idee und vielen Crowdfunding-Unterstützern so alles schiefgehen kann.

Ein Bericht von Mario Keller veröffentlicht am
Hans Stier mit seiner Kaffeemaschine
Hans Stier mit seiner Kaffeemaschine (Bild: Bonaverde)

Dies ist die Geschichte von einem, der auszog, das Rösten zu lernen, und sich dabei mehr als einmal heftig die Finger verbrannte. Seit Jahren arbeitet Hans Christian Stier an einem Konzept, das die Welt des Kaffees revolutionieren soll. In dieser Zeit hat er mit seinem ersten Unternehmen Kaffee Toro und seinem aktuellen Startup Bonaverde mindestens so viele Rückschläge erlebt wie Erfolge. "Wir waren einfach unglaublich naiv", sagt Stier. Aber jetzt gibt es Hoffnung.

Inhalt:
  1. Bonaverde: Von einem, den das Kaffeerösten das Fürchten lehrte
  2. Äußerungen werden bedächtiger

Die Idee ist an sich so einfach wie genial: Bonaverde will eine Kaffeemaschine auf den Markt bringen, die grünen Kaffee röstet, mahlt und frisch aufbrüht. Dazugehören soll ein komplettes Kaffee-Ökosystem mit Direktvertrieb der angeschlossenen Kaffee-Farmer. Bonaverde ist eine Weiterentwicklung von Stiers erstem Projekt Kaffee Toro. Er wollte eine Kaffeemaschine verkaufen, die grüne Bohnen röstet und daraus frischen Kaffee macht - noch ohne Kaffee-Ökosystem, aber bereits mit der Idee eines Direktvertriebs von grünen Kaffeebohnen. Die Maschine selbst kam von einem Zulieferer aus Korea. Stier und sein Team, das sich zum großen Teil aus Studenten der TU Berlin rekrutierte, versuchten sie für den deutschen Markt fit zu machen.

Topflappen sind keine Lösung

Dieses Vorhaben scheiterte jedoch: Die Qualität der Kaffeemaschinen war einfach zu schlecht. Von rauchenden Maschinen, die Feueralarm auslösten, über fliegende Sicherungen bis hin zu Verbrennungen an der heißen Außenseite der Geräte war alles dabei - das Fingerverbrennen ist also durchaus wörtlich zu nehmen. Die Lösung des Hitzeproblems durch den Zulieferer bestand zunächst aus beigelegten Topflappen bei der nächsten Lieferung. Mitte 2013 kam dann das Aus für Kaffee Toro.

  • Hans Stier und die Kaffeemaschine von Bonaverde. (Bild: Bonaverde)
  • Die lang erwartete Kaffeemaschine von Bonaverde. (Bild: Bonaverde)
  • Die Startup-Gründer Hans Stier und Ricardo Mählmann liefern die erste Maschine aus. (Bild: Bonaverde)
Die lang erwartete Kaffeemaschine von Bonaverde. (Bild: Bonaverde)

Noch im selben Jahr startet Stier mit seinen Mitstreitern von Bonaverde einen neuen Anlauf. Mehrere Crowdfundings über Kickstarter, Indiegogo und die deutsche Seedmatch-Plattform sollen das Projekt finanzieren, die Resonanz ist groß. Diesmal setzt das Team eigene Hardware ein und arbeitet mit dem Hersteller Homezest zusammen, der viele Jahre Erfahrung im Bau von Kaffeemaschinen hat. Trotzdem holt die Komplexität des Projektes die kleine Firma ein.

Die Timeline für die Produktion liefert der Hersteller: Oktober 2014 ist das anvisierte Ziel - zu optimistisch, wie sich herausstellen wird. Das Design der Maschine muss angepasst werden, es ist nicht auf die Massenproduktion und die technischen Anforderungen übertragbar. Die ersten kritischen Stimmen der Supporter melden sich, es ist Juni 2014.

Das Internet verzeiht nicht

"Wir haben ganz klar einige Sachen vergeigt", sagt Stier. Damit meint er die großen Änderungen gegenüber den ursprünglichen Plänen, die viele Unterstützer massiv verärgert haben. Das war einerseits eine Änderung des Designs, vor allem aber die Einführung eines RFID-Readers in der Maschine. Dieser löste zwar das Problem der unterschiedlichen Röstprofile für unterschiedliche Kaffeebohnen, eröffnete aber auch die Möglichkeit, Kunden sehr einfach an den eigenen Kaffee zu binden. Das entsprechende Update im Juli 2014 auf Kickstarter löste einen Sturm der Entrüstung aus.

"Ich hoffe wirklich, dass dieses Feature optional ist und uns nicht zwingt, nur euren Kaffee zu verwenden", schrieb einer der Unterstützer. "Wenn es nur mit dem Chip funktioniert, hätte ich diese Maschine nie gekauft!" Und ein anderer: "Das ganze Projekt wird immer schlimmer. Ich kann mit dem neuen Design leben. Ich kann mit Kaffeepreisen um 8 Euro pro Pfund leben. Aber dieser ganze RFID-Unsinn ist einfach unglaublich."

Die Ankündigung, dass alle Early Supporter der Kickstarter- und Indiegogo-Kampagnen unbegrenzt gültige RFID-Chips mit verschiedenen Röstprofilen bekommen werden, ändert an dem Aufruhr nichts mehr. "Wir bekommen die Nachricht nicht überbracht", sagt Stier über die Entscheidung, allen Backern die Maschine "unlocked" zur Verfügung zu stellen. "Das Internet verzeiht nicht."

Das Tooling, also die Herstellung der Produktionswerkzeuge, startet im September 2014 und damit selbst für den verschobenen Zeitplan viel zu spät. Die Tests mit den neuen Prototypen zeigen neue Probleme auf. Der Luftfilter, der die beim Rösten entstehenden Gerüche mindern soll, ist nicht so gut wie erhofft. Noch ahnt niemand, wie viel Zeit und Energie es kosten wird, dieses Problem zu lösen.

Auch die Qualität der Werkzeuge, mit denen die Maschinen produziert werden sollen, ist nicht gut genug. Die Timeline verschiebt sich erneut, die kritischen Stimmen werden wieder lauter. Mittlerweile ist es Mitte 2015 und die Updates über den Fortschritt des Projektes werden spärlicher. Das RFID-Thema sorgt immer noch für Unmut bei den Backern.

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Äußerungen werden bedächtiger 
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MistelMistel 23. Mai 2017

Deshalb kaufen wir die immer von Knorr.

Sandeeh 13. Mai 2017

(...) Der Deutschen? Ich dachte, die Japaner haben diese Motivation. Und bekommen diese...

hifimacianer 08. Mai 2017

Das können aber nur Leute behaupten, die noch nie einen wirklich guten Kaffee probiert...

Clown 08. Mai 2017

Wenn ich also einen ganz bestimmten Kuchen beim Bäcker kaufe, backe ich diesen Kuchen...



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