Vernetztes Fahren: Delphi lässt Autos serienmäßig per WLAN kommunizieren

Die Kommunikation zwischen Autos wird Realität. Wir haben uns auf der CES von Delphi erklären lassen, warum das nur mit WLAN und nicht mit Mobilfunk funktioniert.

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Das WLAN-Modul von Delphi vernetzt Autos untereinander.
Das WLAN-Modul von Delphi vernetzt Autos untereinander. (Bild: Martin Wolf/Golem.de)

Der britische Automobilzulieferer Delphi präsentiert auf der Elektronikmesse CES das weltweit erste serienmäßige System für eine Auto-zu-Auto-Kommunikation. Basierend auf dem WLAN-Standard 802.11p können Cadillac CTS künftig untereinander und mit der Infrastruktur Informationen austauschen. Dabei können sich die Autos beispielsweise über Notbremsungen informieren oder vor Kollisionen an Kreuzungen warnen. Mitte Dezember hatte die US-Regierung gefordert, dass künftig alle Neufahrzeuge mit solchen Systemen ausgestattet werden müssen.

Auf der Unterhaltungselektronikmesse CES in Las Vegas führte Delphi Golem.de verschiedene Anwendungen auf einem Parkplatz und im innerstädtischen Verkehr vor. Dabei erhält ein nachfolgendes Fahrzeug beispielsweise einen Hinweis, wenn ein vorausfahrendes ungewöhnlich langsam fährt oder mit aktiviertem Warnblinker halten muss. Damit sollen gefährliche Auffahrunfälle bei Stau-Enden verhindert werden. Zudem warnen sich die Fahrzeuge gegenseitig, wenn sie sich im toten Winkel befinden oder scharf bremsen müssen.

Keine Sensoren erforderlich

Die Fahrzeuge können ebenfalls Signale von der Infrastruktur erhalten. Beispielsweise vor Zebrastreifen und Baustellen oder von Ampeln. Das System kann auch vor einer scharfen Kurve warnen, wenn der Fahrer sich zu schnell nähern sollte. Voraussetzung ist jedoch, dass überall sogenannte Roadside Units aufgestellt werden, die mit den Fahrzeugen kommunizieren. Bis zu 42 Millionen Dollar will die US-Regierung für entsprechende Tests in New York City, Tampa in Florida sowie im dünn besiedelten Bundesstaat Wyoming zur Verfügung stellen.

  • Das WLAN-Modul ermöglicht die Kommunikation von Autos untereinander und mit der Infrastruktur. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Es warnt Fahrer beispielsweise vor gefährlichen Situationen an Kreuzungen. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)
  • Zebrastreifen können ebenfalls per WLAN auf sich aufmerksam machen. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Auch Baustellen können künftig mit Warnsendern ausgestattet werden, sogenannte Roadside Units. (Grafik: Delphi)
  • Fahrzeuge können sich per WLAN gegenseitig vor Stau warnen. (Grafik: Delphi)
  • Eine weitere Anwendungsmöglichkeit ist die Warnung vor einer engen Kurve. (Grafik: Delphi)
  • Ampeln können dem Fahrzeug kommunizieren, wann die Rotphase beginnt. (Grafik: Delphi)
  • Durch Funk können auch verdeckte Verkehrszeichen schon den Fahrer warnen. (Grafik: Delphi)
Das WLAN-Modul ermöglicht die Kommunikation von Autos untereinander und mit der Infrastruktur. (Foto: Martin Wolf/Golem.de)


Nach Angaben von Delphi kostet das Modul etwa 350 Dollar. Die Hinweise sollen in einem Bildschirm im Armaturenbrett oder per Head-up-Display angezeigt werden. Das System dient alleine dazu, den Fahrer zu warnen. Es verfügt über keine automatischen Notbremsfunktionen oder andere automatischen Sicherheitseinrichtungen. Der Vorteil: Die Fahrzeuge müssen keine teure Sensorik wie Radar, Kameras oder Laserscanner haben.

Einbaupflicht erst ab 2021 in den USA

Laut Delphi funktioniert der Tote-Winkel-Assistent daher nicht auf Basis von Sensordaten, sondern mit Hilfe einer GPS-basierten Lokalisierung. Allerdings nur dann, wenn das GPS-Signal eine hinreichend genaue Ortung erlaubt, was vor allem in Städten wohl nicht immer der Fall sein dürfte. Die Reichweite der WLAN-Kommunikation soll bei einer halben Meile, also etwa 800 Metern liegen. Dies ist deutlich weiter als bei den heute üblichen Sensoren.

Wer sich heute schon ein solches System anschafft, wird jedoch kaum davon profitieren. Die US-Regierung plant erst ab 2021 eine Einbaupflicht bei allen Neuwagen. Zudem ist unklar, ob sich nicht doch eine Auto-zu-Auto-Kommunikation auf Basis von Mobilfunkstandards wie LTE-V2V oder 5G durchsetzt. Für Delphi-Entwickler Chris Heinzman ist das jedoch keine Option. Seiner Ansicht nach werden die Latenzzeiten für sicherheitskritische Warnungen wie bei Notbremsungen beim Mobilfunk immer zu lang sein, sagte er Golem.de. Den Versprechungen der Telekommunikationsfirmen und Netzwerkausrüster glaubt er dabei nicht. Die US-Regierung sieht das bisher ähnlich und setzt in ihrem Gesetzentwurf auf den WLAN-Standard 802.11p, was in den USA als Dedicated Short Range Communication (DSRC) bezeichnet wird.

Keine Zusatzkosten durch Mobilfunk

Laut Delphi verfügt das System für den Cadillac über neun Anwendungen. Mehr als 20 seien schon in der Testphase, Dutzende weitere denkbar. Problematisch dürfte allerdings die Einbindung von Ampelanlagen werden, da es keine einheitlichen Standards und sehr viele unterschiedliche Betreiber gibt.

Die Aufgabe der Entwickler dürfte künftig vor allem darin bestehen, die verschiedenen Sensor- und Kommunikationssysteme ineinander zu integrieren. Denn die hochautomatisierten und autonomen Autos werden sicherlich miteinander und mit der Infrastruktur kommunizieren, um redundante Informationen zu bekommen und frühzeitig über gefährliche Situationen gewarnt zu werden. Das gilt auf für die echtzeitnahe Aktualisierung hochpräziser Karten.

Derzeit ist noch unklar, zu welchem Zeitpunkt die EU-Kommission den Einbau solcher Kommunikationssysteme fordern wird. Die Tatsache, dass nun erstmals serienmäßige Systeme auf dem Markt sind, wäre ein weiteres Argument dafür, nicht auf den Aufbau eines 5G-Netzes warten zu müssen. Zwar werden künftig sicherlich immer mehr Fahrzeuge vernetzt sein und über eine Mobilfunkverbindung verfügen. Doch für alle anderen Autos könnte die WLAN-Kommunikation immer noch eine günstige Alternative sein. Zumal dabei keinerlei Verbindungskosten anfielen, sagte Delphi-Entwickler Heinzman. Es habe schon seinen Grund, warum die Telekommunikationsfirmen stattdessen das kostenpflichtige 5G propagieren würden.

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