Die erste Ransomware: Der Virus des wunderlichen Dr. Popp

Ein bärtiger Mann mit Lockenwicklern, ein Trojaner auf 5,25-Zoll-Disketten und ein Forschungszentrum, das vor Schreck alle Dateien löscht: Schon bevor im Jahr 2016 Krankenhäuser verschlüsselt wurden, waren Erpressungstrojaner in der Medizin ein Thema.

Artikel von veröffentlicht am
Der AIDS Information Trojaner infizierte mehr als 1.000 Rechner - bereits im Jahr 1989.
Der AIDS Information Trojaner infizierte mehr als 1.000 Rechner - bereits im Jahr 1989. (Bild: F-Secure)

Im Jahr 2016 verschlüsseln Kriminelle alles, was irgendwie geht: Krankenhäuser, Privatnutzer, Unternehmen und auch den Verfassungsschutz von Sachsen-Anhalt. Erpressungstrojaner, auch Ransomware genannt, sind der aktuelle Malware-Trend.

Inhalt:
  1. Die erste Ransomware: Der Virus des wunderlichen Dr. Popp
  2. Ein interaktiver Computervirus
  3. Zahlungen bitte per Post nach Panama
  4. Popp leugnet böse Absichten

Die Malware verschlüsselt die Rechner der Nutzer und verlangt dann Geld für die Entschlüsselung. Für die Kriminellen ist das bequem, denn dank Bitcoin lässt sich so leichter Geld machen als mit kopierten Kreditkarten. Doch das Phänomen Ransomware ist nicht so neu, wie es den Anschein hat: Bereits im Jahr 1989 entwickelte der Biologe Joseph Popp einen Trojaner, der vorgab, über Aids aufzuklären und weltweit etwa 1.000 Computer infizierte.

Mit der Entwicklung des ersten Erpressungstrojaners ist Popp Vorbild für zahlreiche Malware-Autoren, die heute viel Geld damit verdienen, Stadtverwaltungen ebenso lahmzulegen wie Privatnutzer. Das Leben des ersten Trojaner-Entwicklers nahm jedoch nach dieser Erfindung eine dramatische Wendung.

  • Die Erpresserbotschaft des AIDS-Information-Trojan (Bild: F-Secure).
  • Die Erpresserbotschaft des Petya-Trojaners aus dem Jahr 2016 hat beim Design kaum Fortschritte gemacht. (Bild: F-Secure).
  • Der Trojaner wurde nicht per Mail-Anhang oder Exploit-Kit verteilt, sondern über Disketten. (Bild: F-Secure)
Der Trojaner wurde nicht per Mail-Anhang oder Exploit-Kit verteilt, sondern über Disketten. (Bild: F-Secure)

Joseph Popp ist gelernter Biologe, er studierte in Ohio und an der Harvard-Universität. Außerdem war er Teil von "Flying Doctors", einer Organisation, die unter anderem an der Aids-Prävention auf dem afrikanischen Kontinent arbeitet. Unklar ist, wieso er sich zum Virenautor wandelte. Klar ist dagegen, dass er 1990 bei einer Aids-Konferenz der Weltgesundheitsorganisation und per Postversand seinen Erpressungstrojaner verteilte.

20.000 Disketten kopiert

Der Trojaner wurde damals nicht wie heute über Exploitkits oder E-Mail-Anhänge in Umlauf gebracht, sondern auf Disketten mit der Aufschrift "AIDS Information - Introductory Diskettes". Popp verteilte 20.000 Disketten, der logistische Aufwand war also recht groß. Die Urheber des Erpressungstrojaner leckten sogar alle Briefmarken selbst an, behauptete damals das Fachmagazin Virus Bulletin (Artikel als PDF).

DNA-Tests waren im Jahr 1990 noch nicht kriminalistisch relevant, so dass dadurch keine Gefahr bestand, identifiziert zu werden. Das Risiko, durch automatisierte Frankiermaschinen entdeckt zu werden, soll dagegen groß gewesen sein: Sie unterlagen in Großbritannien einer Regulierung, so dass die Urheber identifiziert werden konnten. Damit sollte sichergestellt werden, dass nur berechtige Stellen massenweise Post versenden konnten.

Die Ermittlungen der Polizei ergaben, dass die Software von rund 5 Prozent der Nutzer installiert wurde, die die Diskette erhalten hatten. Insgesamt sollen etwa 1.000 Computer weltweit infiziert worden sein - für die damalige Zeit eine beachtliche Summe.

Moderne Ransomware hat natürlich deutlich höhere Verbreitungszahlen. Der Erpressungstrojaner Locky erreichte allein in Deutschland zeitweise mehr als 5.000 Infektionen pro Stunde. Derzeit sollen mehr als 200.000 Rechner in Deutschland von Ransomware infiziert sein.

Bitte aktivieren Sie Javascript.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
  • ohne Werbung
  • mit ausgeschaltetem Javascript
  • mit RSS-Volltext-Feed
Ein interaktiver Computervirus 
  1. 1
  2. 2
  3. 3
  4. 4
  5.  


drpa 11. Jul 2016

Und ich habe auch nicht gesagt, dass der Grund die Homosexualität ist, sondern dass laut...

thorben 09. Jul 2016

Aufgrund seiner schlechten Verfassung wurde Popp schließlich entlassen und nach Cleveland...

Fun 08. Jul 2016

Interessanter Artikel, kannte vieles davon noch nicht. Aber 1000 Computer weltweit war...

Gaius Gugelhupf 08. Jul 2016

Ein Konservatorium ist eine Einrichtung zur Ausbildungvon Musikern. Da Dr. Popp...



Aktuell auf der Startseite von Golem.de
Intel Core i9-14900KS
Intel ist wahnsinnig geworden - zum Glück!

Um den Core i9-14900KS zur schnellsten Allround-CPU zu machen, hat Intel den Weg der Vernunft scheinbar vollständig verlassen. Doch dahinter stecken gute Neuigkeiten für Intel-Kunden.
Ein IMHO von Martin Böckmann

Intel Core i9-14900KS: Intel ist wahnsinnig geworden - zum Glück!
Artikel
  1. Truth Social: Warum Trumps kleines Netzwerk Milliarden wert wurde
    Truth Social
    Warum Trumps kleines Netzwerk Milliarden wert wurde

    Donald Trumps verlustbringender Twitter-X-Klon Truth Social wird nach seinem Börsengang mit 9 Milliarden US-Dollar bewertet. Es ist eine Spekulationsblase - und eine Investition in eine potenzielle Trump-Präsidentschaft.
    Ein Bericht von Achim Sawall

  2. Artemis 3: Nasa plant ein Gewächshaus auf dem Mond
    Artemis 3
    Nasa plant ein Gewächshaus auf dem Mond

    In wenigen Jahren sollen wieder Menschen auf dem Mond landen. Die Nasa bereitet das wissenschaftliche Programm vor.

  3. Streaming: Twitch verbietet Popos als Leinwand
    Streaming
    Twitch verbietet Popos als Leinwand

    Auf Hinterteile projizierte Streams sind auf Twitch künftig verboten: Der zu Amazon gehörende Dienst geht gegen einen absurden Trend vor.

Du willst dich mit Golem.de beruflich verändern oder weiterbilden?
Zum Stellenmarkt
Zur Akademie
Zum Coaching
  • Schnäppchen, Rabatte und Top-Angebote
    Die besten Deals des Tages
    • Daily Deals • Palit 4070 Super 579,95€ • Xbox-Controller ab 39,99€ • AVM Fritzbox + Repeater -30% • DVDs & Blu-rays -31% • EA -75% • Ubisoft -50% • MindStar: AMD Ryzen 9 7900 339€, MSI RTX 4080 Super Ventus 3X OC 1.099€ • Gratis-Zugaben PS5 Slim & Nintendo Switch OLED beim TV-Kauf [Werbung]
    •  /