Intelligente Parkplatzsuche: Mut zur Lücke

Die Suche nach einem Parkplatz kann viel Zeit und Nerven kosten. Mehrere Systeme wollen mit Radar oder anderen Sensoren freie Parkplätze erkennen und vorhersagen. Obwohl Bosch, Siemens und SAP in den Markt drängen, liegt ein Münchner Startup derzeit weit vorne.

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Die Radarsensoren von Siemens sind noch alles andere als zuverlässig.
Die Radarsensoren von Siemens sind noch alles andere als zuverlässig. (Bild: Friedhelm Greis/Golem.de)

Es sind schmale, trapezförmige Kästen mit halbtransparenter Plastikabdeckung, die die Masten an der Berliner Bundesallee von normalen Straßenlaternen unterscheiden. Seit einem guten halben Jahr testet dort der Siemens-Konzern ein sensorgesteuertes System für eine Parkplatzsuche. Die Radarsensoren sollen freie Parkplätze erkennen und sie den Autofahrern künftig direkt auf dem Navi oder dem Handy anzeigen. Was vom Konzept her einfach und sinnvoll klingt, ist in der Praxis jedoch gar nicht so leicht umzusetzen. Der Wettlauf um die beste Sensortechnik ist inzwischen voll entbrannt.

Die "intelligente Parkplatzsuche" ist ein konsequenter Schritt auf dem Weg zum vernetzten Verkehr und zur Smart City. Laut Siemens verursacht die Parkplatzsuche rund ein Drittel des Verkehrs in europäischen Innenstädten. Rund 4,5 Kilometer lege ein Fahrer bei der Suche im Durchschnitt zurück. Kein Wunder, dass derzeit ständig neue Projekte und Ideen zur Erkennung und Anzeige freier Parkplätze präsentiert werden. Während die Autofahrer Zeit und Geld sparen sowie ihre Nerven schonen, soll die Umwelt von einem geringeren Ausstoß von Kohlendioxid und anderen Abgasen profitieren. Das Bundesumweltministerium fördert das Siemens-Projekt in Berlin. "Sobald dieses Projekt erfolgreich abgeschlossen ist, sollte der flächendeckende Aufbau dieses Systems vorangetrieben werden", heißt es in einem Bundestagsbeschluss zur Intelligenten Mobilität.

Typische Defizite bei allen Sensoren

Neben den radargestützten Sensoren gibt es Detektoren für Magnetfeld, Infrarotstrahlen und Ultraschall sowie optische Systeme. Unterschieden wird dabei zwischen Bodensensorik und Über-Kopf-Systemen - je nachdem, ob die Sensoren in den Boden eingelassen oder auf Laternenmasten oder an Hauswänden montiert werden. Zudem gibt es Pläne, die Autos künftig selbst mit ihren Sensoren freie Parkplätze quasi im Vorbeifahren finden zu lassen. Softwarehersteller wie SAP bieten bereits Lösungen an, um freie Parkplatze in Datenbanksysteme zu integrieren.

  • Der Radarsensor von Siemens besteht aus einer Antenne, einer analogen Elektronik, einem Analog-Digital-Konverter und einem Bauteil zur Signalverarbeitung. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Wegen des Gewichts sind die Radarsensoren in der Berliner Bundesallee relativ weit unten am Mast befestigt. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Der Sensor kann nur wenige Parkplätze auf der gegenüberliegenden Straßenseite überwachen. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Die Berliner Senatsverwaltung kann mit Hilfe solcher Sensoren überprüfen, ob die Ladestationen für E-Autos frei sind. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)
  • Die Radardetektion stellt Siemens noch vor technische Probleme. (Grafik: Siemens AG)
  • Die optischen Sensoren von Cleverciti Systems verfügen über einen Octocore-Prozessor. (Foto: Cleverciti Systems)
  • Mit einem solchen Sensor lassen sich je nach Höhe mehr als 30 Parkplätze überwachen.  (Foto: Cleverciti Systems)
Der Radarsensor von Siemens besteht aus einer Antenne, einer analogen Elektronik, einem Analog-Digital-Konverter und einem Bauteil zur Signalverarbeitung. (Foto: Friedhelm Greis/Golem.de)

Vor dem Hintergrund, dass inzwischen zahlreiche autonome Testautos einigermaßen unfallfrei über die Straßen fahren, sollte die Detektion eines freies Parkplatzes eigentlich kein großes technisches Problem darstellen. Doch es gibt einen gravierenden Unterschied: Während automatisierte Autos über mehr als ein Dutzend unterschiedlicher Sensoren wie Laserscanner, Radar, 3D-Kameras und Ultraschall verfügen, müssen sich die Parkplatzdetektoren meist nur mit einer Technik begnügen, schon aus Kostengründen. Anders als in den Autos können sich die Nachteile der einzelnen Sensorarten daher nicht ausgleichen. Eine Sensordatenfusion oder gegenseitige Plausibilitätsprüfung fällt weg. Es gibt derzeit lediglich Ansätze, Magnetfeld- und Infrarotsensoren in Bodendetektoren miteinander zu kombinieren.

Glaubenskrieg um beste Technik

Doch welche Sensortechnik ist am sichersten und wird sich möglicherweise durchsetzen? Es herrscht fast schon eine Art Glaubenskrieg zwischen den Anbietern. Die derzeit wohl besten Ergebnisse liefert ein Konzept des Münchner Startups Cleverciti Systems. Seit vergangenem Herbst überwachen optische Sensoren des Unternehmens beispielsweise den Marktplatz im nordhessischen Bad Hersfeld. Durchaus mit Erfolg. "Wir haben bei den Zählungen eine Trefferquote von etwa 99,4 Prozent", sagt Hersfelds Bürgermeister Thomas Fehling (FDP) in einem Demonstrationsvideo. Die freien Plätze werden den Autofahrern über ein Parkleitsystem angezeigt. Von einem haushohen Mast aus überwachen mehrere Kameras die sechs Parkreihen. Mehrere Anzeigetafeln am Marktplatz und am Stadtring geben an, wie viele der mehr als 200 Parkplätze in den einzelnen Reihen noch frei sind.

Entwickelt hat das System der Unternehmer Thomas Hohenacker. Mit Earth TV hatte er seit der Jahrtausendwende das nach seinen Angaben "größte Fernsehkameranetz der Welt" aufgebaut. Seit 2011 arbeitet er mit derzeit acht Ingenieuren an Clevercitiparking. "Ich wollte immer etwas machen, wo man täglich einen Benefit stiften kann", sagt Hohenacker im Gespräch mit Golem.de. Sollte mit der neuen Technik die leidige Parkplatzsuche irgendwann der Vergangenheit angehören, hätte er sicherlich dieses Ziel erreicht.

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Sensoren generieren keine Bilder 
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Kleba 23. Mär 2016

Hi automobiles, das die Wagen schon jetzt viel können, will ich auch gar nicht in Abrede...

cpt.dirk 22. Mär 2016

Das dürfte unter anderem daran liegen, dass der ÖPNV, wie etliche andere Einrichtungen...

sydthe 22. Mär 2016

Ich würde mal behaupten das ein Parkhaus mehr Einnahmen generiert als ein Wohnhaus. Wenn...

deefens 21. Mär 2016

Vor allem in Kleinstädten um die 50.000 Einwohner sind die ÖPNV-Verbindungen meist ein...



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