Diskriminierung: Wenn Algorithmen Vorurteile haben
Auch Technologie kann rassistisch oder sexistisch sein. In einer zunehmend digitalisierten Welt wird das zum Problem.
Wer uns auf Facebook als Freund vorgeschlagen wird und wann unsere selbstfahrenden Autos künftig bremsen werden - das bestimmen Algorithmen. Algorithmen sind eine Folge von Anweisungen, die ein Problem lösen können, wenn sie korrekt ausgeführt werden. Sie sollen systematisch sein, logisch, und auch beim tausendsten Mal noch zum selben Ergebnis führen.
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Doch jeder Algorithmus wird von Menschen programmiert, die Teil bestimmter Gesellschaftsschichten sind und ihre - meist unbewussten - Neigungen und Vorurteile in ihre Arbeit einfließen lassen. Und je stärker die Welt von Technik getrieben wird, desto stärker zeigt sich, dass das ein Problem ist.
"Wir gehen davon aus, dass Technik neutral ist", sagt Corinna Bath. Sie ist Informatikerin und forscht zu Technikentwicklung und Gender an der TU Braunschweig. "Aber es gibt keine neutralen Algorithmen." Bath zufolge ist Technik immer auch von sozialen Umständen beeinflusst. Doch die wenigsten machen sich das bewusst.
Dabei können Algorithmen durchaus gefährlich sein, wenn sie so programmiert sind, dass sie rassistische oder sexistische Entscheidungen treffen. Dies muss nicht absichtlich geschehen: Meist sind sich die Programmierer nicht bewusst, dass ihre Vorurteile sich auf den Code auswirken.
Bei der Google-Suche nach dem Begriff CEO findet die Suchmaschine etwa überproportional viele Bilder von weißen Männern. In der Realität sind etwa 27 Prozent aller CEOs in den USA weiblich. Laut einer Untersuchung der University of Washington tauchen bei der Bildersuche allerdings nur in elf Prozent aller Fälle Bilder von Frauen auf - einer der ersten Treffer ist übrigens die Barbie-CEO-Puppe.
Frauen sollten nicht studieren - und Frauen sind keine Chefs
"Die technische Entwicklung geht immer weiter und wenn wir nicht bald anfangen, Algorithmen auf ihre ethische Tauglichkeit zu untersuchen, könnte das ein großes Drama werden", sagt Bath. Sie beobachtet zum Beispiel, dass in der Technikentwicklung oft antiquierte Geschlechterrollen reproduziert werden - dass Algorithmen also sexistischer sind als unsere heutige Gesellschaft. Und auch die Menschen, die Algorithmen nutzen, hinterfragen diese in der Regel nicht, sondern nehmen die gelieferten Ergebnisse als wahr und richtig hin.
Gibt man bei der Google Suche 'Frauen sollten' ein, wird die Anfrage automatisch vervollständigt zu Formulierungen wie "Frauen sollten nicht studieren", "Frauen sollten keine Hosen tragen", "Frauen sollten keine Rechte haben". Google zufolge werden Vorhersagen in der Autovervollständigung automatisch von einem Algorithmus generiert, ohne jegliches menschliches Zutun.
Der Algorithmus basiere auf etlichen objektiven Faktoren, unter anderem der Häufigkeit, mit der ein Wort gesucht werde. Deshalb könnten die angezeigten Suchbegriffe 'seltsam oder überraschend' wirken. Eine andere Bezeichnung dafür wäre diskriminierend. Die Organisation UN Women kritisierte diese angebliche "Autocomplete-Wahrheit" schon 2013 in einer großen Kampagne: Frauen sollten heutzutage überall als gleichberechtigt angesehen werden - auch auf Google.
Die vorherrschende Hautfarbe im Internet ist weiß
Und es geht noch drastischer: Eine Untersuchung der Carnegie Mellon University zeigt, dass Frauen bei Google weniger Anzeigen für gut bezahlte Jobs mit Führungspositionen angezeigt bekommen als Männer. Google-Suchen nach Namen, die afroamerikanisch klingen, werden häufiger mit Anzeigen verknüpft, die einen Eintrag im Vorstrafenregister implizieren, so eine Studie von Harvard-Professorin Latanya Sweeney aus dem Jahr 2013.
Bei der Suche nach dem Wort Hand zeigt Google größtenteils Bilder von Händen mit heller Hautfarbe. Solche Symbolbilder, auch Stockfotos genannt, werden genutzt, um Texte zu illustrieren, in denen es etwa um medizinische Themen, Kosmetik oder Schmuck geht, aber auch, wenn ein Smartphone oder eine Spielfigur gehalten werden müssen oder die Verbundenheit mehrerer Menschen bildlich dargestellt werden soll.
Braune oder schwarze Hände werden für solche Zwecke kaum verwendet. Die Initiative World White Web versucht deshalb, mit genau diesem Beispiel auf die "Weißheit" des Netzes aufmerksam zu machen. Sie bietet Stockfotos von Händen in unterschiedlichen Hautfarben an, die kostenfrei genutzt werden können und zeigen sollen: Die Welt ist nicht nur weiß.
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