Die Paten des Internets: Oliver Samwer - die "Execution-Sau"

Perfektionist, Exzentriker und Alphatier: Es ist nicht einfach, Oliver Samwer zu beschreiben. Gründerszene-Herausgeber Joel Kaczmarek hat Dutzende Weggefährten des Rocket-Internet-CEO für sein Buch "Die Paten des Internets" befragt. Ein Auszug.

Artikel von Joel Kaczmarek veröffentlicht am
Oliver Samwer
Oliver Samwer (Bild: Andreas Rentz/Getty Images)

Oliver Samwer hat den Ruf eines cholerischen Perfektionisten. Dutzende Geschichten grassieren über ihn. Er werfe Büromaterialien nach Angestellten und selbst gestandene Manager verließen weinend seine Meetings. Doch oft scheint es sich dabei um Kalkül zu handeln: In einem Moment brüllt er einen Meetingraum mit einem halben Dutzend hochrangiger Angestellter zusammen, im nächsten umgarnt er einen wichtigen Kontakt am Telefon, um danach wieder eine Wutrede zu halten. Gespielte Aggressivität und Freundlichkeit zählen zu den Werkzeugen dieses Sozial-Chamäleons auf dem Weg zum alles überragenden Ziel: dem unternehmerischen Gewinn. Diese Fähigkeiten machen Oliver Samwer letztlich zum geborenen Anführer, der sich und seinen Mitarbeitern Unmenschliches abverlangt. Durch das Versprechen von Reichtum, durch gigantische Lerneffekte und geschickte psychologische Manipulation gelingt es ihm, andere Menschen Dinge schaffen zu lassen, die sie selbst nicht für möglich gehalten hätten. Zu seiner Taktik zählt es, Ziele derart hoch zu stecken, dass klar ist, dass sie sich nicht erreichen lassen. Eine Kultur des Lobens fehlt und selbst wenn es gelänge, die maßlos übertriebenen Ziele zu erfüllen, würde Oliver Samwer noch bessere Ergebnisse fordern. In dem Versuch, die gesetzten waghalsigen Ziele dennoch zu realisieren, gehen seine Angestellten über das, was üblich und gesund ist, deutlich hinaus.

  • Die Paten des Internets: Zalando, Jamba, Groupon - wie die Samwer-Brüder das größte Internet-Imperium der Welt aufbauen. Joel Kaczmarek. Finanzbuchverlag, 2014. 19,99 Euro. (Bild: Finanzbuchverlag)
Die Paten des Internets: Zalando, Jamba, Groupon - wie die Samwer-Brüder das größte Internet-Imperium der Welt aufbauen. Joel Kaczmarek. Finanzbuchverlag, 2014. 19,99 Euro. (Bild: Finanzbuchverlag)
Inhalt:
  1. Die Paten des Internets: Oliver Samwer - die "Execution-Sau"
  2. Maximierer, Verkaufsgenie, Machiavellist

Kein Wunder: In jede seiner Unternehmungen bringt Oliver Samwer diese wahnsinnige Energie ein, die in Verbindung mit seinem Fokus auf das Wesentliche eben jenen Kraftakt ermöglicht.

Dieser auf Leistung getrimmte Führungsstil funktioniert aber nur, weil er ihn selbst lebt. Auch der dreifache Familienvater selbst ordnet alles seinem Erfolg unter. Zur Not kommt seine Familie eben ohne ihn aus, treibt ihn doch dieser unbändige Wille an, zu gewinnen. Alles ist für ihn wie ein Sport, und Gewinnen ist das eine hehre Ziel, in dessen Dienst er alles andere stellt - auch sich selbst und seine Gesundheit. Geschichten von einem Oliver Samwer, der im Büro schläft, bereits im Taxi vom Flughafen Interviews gibt und Telefonate erledigt, selbst aus dem Kreißsaal noch Umsatzzahlen erfragt oder nach Reisen um den gesamten Erdball mehrstündige Ansprachen vor der Belegschaft hält, gibt es genug."Execution-Sau" oder "Ausführer vor dem Herrn" sind die Titel, die er von seinen Mitarbeitern verliehen bekommt. Die Energie dieses Mannes scheint keine Grenzen zu kennen.

"Kein 'Hallo' und kein 'Auf Wiedersehen'"

Oliver Samwers Arbeitsweise ist eben auf das Mantra der Geschwindigkeit ausgelegt. Stets schreibt der Kölner lediglich kurze Stakkato-Mails aus einzelnen Sätzen oder Worten, um aus der Ferne unterschiedliche Angestellte zu steuern. Eine öffentlich gewordene umfangreiche E-Mail von 2011, in der Samwer einen Blitzkrieg gegenüber der Konkurrenz ausruft, spiegelt zwar seine Vorstellung vom temporeichen Wettstreit in der Unternehmenswelt wider, fällt gegenüber seinem sonst eher kurzen Telegrammstil aber aus der Reihe. Er fasst sich in der Regel lieber kurz und kann jedem seiner Mitarbeiter, egal in welchem Kontext, rasant schnell antworten - sei es per E-Mail oder Kurzanruf. Wer Teil von Oliver Samwers Führungsstil des Management by Telephone ist, muss sich darauf einstellen, dass es kein "Hallo" und kein "Auf Wiedersehen" gibt, dass es immer sofort zur Sache geht und der Unternehmer mit Knopf im Ohr sein Gegenüber gerne auch mal mitten im Satz wegdrückt.

Sozial ist Oliver Samwer eher ein Exzentriker, ein Mann, dem sein Umfeld lange Probleme bereitet hat und der sich die Welt so hinbiegt, wie sie ihm passt. Er fährt mit seinem Porsche Cabrio durch München, geht aber in Sandalen und kurzen Hosen ins Büro. Würde man sein Verhalten an einer Soziopathen-Checkliste überprüfen, es würde wohl viele Punkte erfüllen. Doch wenngleich dieses Verhalten unberechenbar erscheint, folgt es einem Konzept. Wie kein Zweiter verfügt Oliver Samwer über ein ausgemachtes Überzeuger-Gen. Er spielt die komplette Klaviatur der Beeinflussung, sofern er denn ein inhaltliches Interesse an seinem Gegenüber hegt. Denn auch jegliche Form der Hierarchie ist ihm herzlich egal. Ob er einen Mitarbeiter oder Geschäftsführer anschreit, macht für ihn keinen Unterschied. Selbst vor seinen Brüdern macht er nicht Halt. Dass er bei Gruppentelefonaten mit Dutzenden Länderverantwortlichen etwa regelmäßig auch einen seiner Brüder mit Worten wie "Jeder hat's gerafft, nur du nicht" runterputzt, ist bei Oliver Samwer keine Seltenheit.

"Hohe Effizienz seiner Organisationen"

Wie in seinem unternehmerischen Schaffen allgemein konzentriert sich Oliver Samer auf ausgewählte Themen und versucht nach Möglichkeit, jedes Problem unmittelbar zu lösen, auch wenn es einige Stunden Telefonkonferenz mit mehreren Verantwortlichen erfordert. Schließlich ist das Fehlen umfangreicher Hierarchieebenen und langer Entscheidungswege ein weiteres zentrales Merkmal, mit dem Oliver Samwer eine hohe Effizienz seiner Organisationen sicherstellt. Er ist der Alleinherrscher in seinem Unternehmensreich, zu lange Diskussionen und komplexe Entscheidungswege gibt es nicht. Vielmehr betrachtet er es persönlich als eines seiner Erfolgsgeheimnisse, dass er seinen Mitarbeitern sehr schnell viel Vertrauen und Verantwortung gibt, so dass diese auf Grundlage gemeinsamer Ziele autarke Entscheidungen treffen können.

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Maximierer, Verkaufsgenie, Machiavellist 
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Schnippelschnappel 28. Aug 2014

Jeder weiß, womit er reich geworden ist: Kinder mit Klingelton-Abonnements ausnehmen...

Anonymer Nutzer 24. Aug 2014

und trotzdem hätte ich gerne mehr Fakten geliefert bekommen. Eine reine Predigt über...

SelfEsteem 24. Aug 2014

Nein, wirklich? Na das waer ja'n Ding. Das wuerde ja sogar glatt aus dem Artikeltext...

Anonymer Nutzer 23. Aug 2014

er lebe hoch...



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