ISS: "Keine Einzelperson entscheidet"
"So leicht kommt ihr uns nicht davon" - ungefähr so lautet die Botschaft von Nasa-Chef Charles Bolden an die russische Regierung. Im Rahmen einer Podiumsdiskussion über Zusammenarbeit in Raumfahrtprojekten sprach er über die ISS.
Wie geht es weiter mit der internationalen Raumstation (International Space Station, ISS)? Anfang des Jahres haben die fünf Betreiber sich auf eine Verlängerung der Mission um vier, möglicherweise sogar acht Jahre geeinigt. Doch kürzlich kündigte die russische Regierung an, nur bis 2020 an der ISS mitzuarbeiten.
Auch auf der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (Ila) war die Station ein Thema. Bei einer Podiumsdiskussion zum Thema Zusammenarbeit bei Weltraumprojekten pochte Charles Bolden, Direktor der US-Raumfahrtbehörde National Aeronautics And Space Administration (Nasa), auf den Gemeinschaftscharakter des Projekts. Mit ihm saßen Jean-Jacques Dordain, Leiter der europäischen Raumfahrtagentur (European Space Agency, Esa), Jan Wörner, Chef des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) sowie Evert Dudok, Bereichsleiter bei Airbus Defence & Space und Vizepräsident "Raumfahrt" beim Bundesverband der Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) auf dem Podium.
Gemeinschaftsprojekt ISS
Die ISS sei ein Gemeinschaftsprojekt von fünf Raufahrtagenturen, erklärte Bolden in Berlin. "Es ist eine Partnerschaft von fünf Mitgliedsorganisationen. Wir treffen Entscheidungen gemeinsam. Keine Einzelperson trifft eine Entscheidung über die Station".
Die Zeiten seien schwierig. Aber andererseits sei den politischen Führern der Mitgliederstaaten die Bedeutung der ISS bewusst - für die Menschheit, aber auch für die Raumfahrt. "Die Menschen wollten schon immer zum Mars. Aber noch nie war die Menschheit so nah dran wie heute", sagte Bolden und betonte, auch dafür sei die ISS immens wichtig.
Pläne für 2020er Jahre
Die ISS und die Erforschung des Weltalls hingen eng zusammen, sekundierte Esa-Leiter Jacques Dordain. Er appellierte deshalb an die derzeit 20 Esa-Mitgliedsstaaten, sich nicht nur über die Finanzierung über das Jahr 2020 hinaus, sondern über weiterreichende Pläne für die Station und weitere Weltraumexpeditionen Gedanken zu machen. Die ISS sei "nicht das Ende, sondern der Anfang".
Ein Projekt wie ein Flug zu einem Asteroiden oder zum Mars könne nicht von einem Land allein durchgeführt werden - das habe auch die Nasa gelernt, sagte Bolden: So akzeptiere sie heute, dass entscheidende Teile von anderen geliefert würden. Die Esa etwa baut wichtige Komponenten für das Servicemodul der Orion Multi-Purpose Crew Vehicle (MPCV), das Raumfahrzeug für die kommenden Missionen zu einem Asteroiden und zum Mars.
Nasa will Zusammenarbeit
Die Nasa habe nie zuvor so gearbeitet, aber sie könne und wolle das nicht allein machen, betonte Bolden. "Wir wollten eine Botschaft aussenden. Die Leute können so tun, als hörten sie das nicht." Die Nasa denke aber langfristig, werde mit Partnern zusammenarbeiten und Schwierigkeiten ausräumen. Er habe auch keine Anzeichen dafür, dass die US-Regierung nicht zu einer weiteren Zusammenarbeit mit der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos bereit sei.
Die ISS sei nicht nur ein wissenschaftliches Labor, sondern auch eines für Zusammenarbeit, hob Dordain hervor: Damit sechs Astronauten auf der Station leben könnten, arbeiteten auf der Erde 6.000 Menschen auf drei Kontinenten. "Wenn sie nicht zusammenarbeiten, haben die sechs da oben eine Problem", sagte der Esa-Chef. "Wir haben gar keine andere Wahl als zusammenzuarbeiten."
Kooperation mit China
Natürlich ging es auch um eine Zusammenarbeit mit China auf der ISS. China ist zwar interessiert, aber ausgeschlossen: Der US-Kongress verbietet derzeit eine Kooperation. Es sei aber vielen nicht bewusst, dass die USA dennoch in diversen Bereichen mit China zusammenarbeiteten, erläuterte Bolden. Es gebe beispielsweise ein Projekt der Nasa mit der chinesischen Akademie der Wissenschaften im Bereich der Geodäsie.
Wörner warnte jedoch vor unbedachten Partnerschaften: Die Maßstäbe im Bereich geistiges Eigentum oder auch bei Menschenrechten seien nicht überall gleich, und das sollte nicht außer Acht gelassen werden. "Bloß weil wir mit jemandem zusammenarbeiten, wird er nicht im nächsten Moment zu einem der Guten", sagte der DLR-Chef.
Chef mit dicker Geldbörse
An der ISS arbeiten zwölf Partner mit. Dass da ein Kapitän gebraucht wird, darüber waren sich die vier auf dem Podium einig. Kein Problem für den Gast aus den USA: "Ich bin ein Anführer. Ich habe nichts dagegen, der Kapitän zu sein, wenn es nötig ist", gab sich der Nasa-Chef selbstbewusst. Die Nasa sei durchaus willens, diese Rolle zu übernehmen - nicht zuletzt deshalb, weil sie über das größte Budget verfüge.
Wenn sich für ein großes Projekt mehrere Partner zusammentun, dann treffe man sich und jeder bringe ein, was er habe, sagte Bolden. "Derzeit bringen wir immer etwas mehr mit als die anderen, und wenn man so will, macht mich das zum Kapitän."
@Thurisar Schonwieder nur Halbwissen! Auch wenn die Russen viele Missionen zur ISS...
Ich wusste bisher gar nicht, dass die russische Raumfahrtbehörde nur aus einer Person...
Gar nicht ;-P
War wohl vorhin von der Hitze etwas benommen und seinen Text falsch verstanden. *blush*