Stop Watching Us: Tausende protestieren gegen Überwachung
Unter dem Motto "#StopWatchingUs" sind in deutschen Städten am 27. Juli 2013 Tausende Bürger auf die Straße gegangen, um gegen die flächendeckende Überwachung durch Programme wie Prism zu demonstrieren. Die Demonstranten dankten Edward Snowden in Sprechchören und zeigten sich von deutschen Politikern tief enttäuscht.
In über 30 Städten haben am Samstag mehrere Tausend Menschen gegen die Überwachung der Internetkommunikation durch die Geheimdienste der USA und Großbritanniens sowie gegen die Untätigkeit der Bundesregierung demonstriert. Zu den Protesten unter dem Motto #StopWatchingUs hatten unterschiedliche Gruppen und Parteien aufgerufen. Auch Vertreter der Regierungspartei FDP beteiligten sich.
Gegen Prism wurde unter anderem in Berlin und Hamburg, in Frankfurt und Bielefeld, Münster und Aachen demonstriert. In Stralsund versammelten sich Überwachungsgegner vor dem Wahlkreisbüro von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Insgesamt sollen rund 10.000 Menschen auf die Straße gegangen sein. Die größten Demonstrationen gab es in Berlin und Hamburg mit 2.000 und 3.000 Teilnehmern.
500 bis 1.000 Teilnehmer in München
In München hatte der Privatmann Levin Keller, der keine Organisation vertritt, zur Demonstration aufgerufen und sie auch angemeldet. Während die Veranstalter von rund 1.000 Teilnehmern sprachen, schätzte die Polizei ihre Zahl auf 500. Nach Erfahrungen mit anderen Demonstrationen in München dürfte die tatsächliche Zahl ziemlich genau in der Mitte liegen.
Für Start- und Endpunkt des Demonstrationszuges hatten sich die Veranstalter symbolträchtige Orte ausgesucht: Von der Botschaft der USA durch das Universitätsviertel bis zum Amerika-Haus führte die Route. Die Mitarbeiter beider Institutionen oder verstärkte Sicherheitsmaßnahmen waren nicht zu beobachten.
Gegen Datenklau
Während des Zuges skandierten die Teilnehmer sowohl die Sprechchöre früherer Demonstrationen zum Datenschutz, zu hören war aber auch der Klassiker "Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Freiheit klaut", abgewandelt in "Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Daten klaut."
Die in der Bildergalerie dieses Artikels wiedergegebenen Schilder der Demonstranten sparten nicht mit Spott über deutsche und US-amerikanische Politiker. Auf mindestens ebenso vielen Abbildungen war jedoch auch der Whistleblower Edward Snowden zu sehen. Ihm galten einige Sprechchöre der Teilnehmer, die vom schlichten "Snowden - Danke!" bis zu "Asyl für Snowden" reichten.
Auf der Abschlusskundgebung zeigten sich die Veranstalter trotz der im Vergleich zu den Acta-Kundgebungen geringen Teilnehmerzahl begeistert. Bei der ersten Demonstration gegen Acta im Februar 2011 waren nach Angaben der Polizei 16.000 Menschen erschienen.
Anlasslose Überwachung ist illegal und verfassungswidrig
Am deutlichsten brachte in den Reden der Datenschutzexperte der bayerischen SPD, Florian Ritter, die Kritik an Prism und Tempora auf den Punkt: Solch flächendeckende und anlasslose Überwachung bezeichnete er als "illegal und verfassungswidrig". Wenn es sich bewahrheiten sollte, so Ritter, dass die deutschen Behörden dieselben Werkzeuge wie die NSA einsetzten, so sei das "ein Kampfeinsatz gegen die eigenen Bürgerinnen und Bürger."
Dass so wenige Münchner auf die Straße gingen, mag aber auch am bisher heißesten Tag des Jahres gelegen haben. Während der Abschlusskundgebung vor dem Amerika-Haus betrug die Temperatur laut Deutschem Wetterdienst 35 Grad. So schickte auch Veranstalter Levin Keller die Teilnehmer zum Ende "in die Biergärten und an die Seen". Er kündigte aber an, es solle weitere Demonstrationen geben, dafür stehen jedoch noch keine Termine fest.
FDP protestiert
Während die Regierungspartei CDU bei Prism herumdruckst oder die Enthüllungen von Edward Snowden gar als Fälschung darstellt, hat sich Koalitionspartner FDP an den Demonstrationen beteiligt.
In Frankfurt am Main etwa war Jörg-Uwe Hahn dabei, Hessens FDP-Justizminister. In der ARD forderte er die Einrichtung einer Weltdatenschutzkonferenz, vergleichbar der Weltklimakonferenz. Diese solle weltweit geltende Datenschutzregeln aufstellen, an die sich alle Länder halten sollen. In Hamburg sprach der FDP-Bundestagsabgeordnete Burkhardt Müller-Sönksen. Das gefiel nicht allen Teilnehmern: Er sei von einigen Demonstranten ausgebuht worden, berichtet der NDR. Ein Autonomer habe versucht, Müller-Sönksen das Mikrofon zu entreißen, um ihn am Sprechen zu hindern. Dabei sei der Abgeordnete leicht verletzt worden.
Schily: unangemessenes Getöse
Auf wenig Verständnis hingegen stoßen die Proteste beim ehemaligen Innenminister Otto Schily, SPD. Die größte Gefahr für die Deutschen gehe nicht vom US-Geheimdienst National Security Agency aus, sagte Schily im Interview mit dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel. "Die größte Gefahr geht vom Terrorismus und von der organisierten Kriminalität aus. Ich finde manches Getöse, was da im Moment zu hören ist, nicht angemessen."
Die Kommunikation über das Internet stelle eine neue Qualität dar. Wenn das Internet zur Verabredung oder Vorbereitung von Verbrechen genutzt werde, müssten Strafverfolger sich darum kümmern, sagte Schily. Datenschutz sei wichtig, dürfe aber nicht überzogen werden. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 hatte der damalige Innenminister Schily die verschärften Sicherheitsgesetze auf den Weg gebracht.
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Was für ein Fortschritt, sich zu verstecken. Wozu der Aufwand? Wie wäre es wenn du...
Interessant wie sehr du hier die Wogen aufgewühlt hast. Scheinbar ist ja eine emsige...
Twitter ist scheisse. Dieses elende informieren über jeden Kack... das interessiert...