Europe vs. Facebook: Irische Datenschützer machen Schluss per SMS

Die für Facebook zuständige irische Datenschutzbehörde will nicht mehr mit dem österreichischen Studenten Max Schrems reden, der mit seiner Initiative Europe vs. Facebook eine Beschwerde gegen Facebook eingereicht hat. Die letzte Absage kam per SMS.

Artikel veröffentlicht am ,
SMS an Max Schrems
SMS an Max Schrems (Bild: Europe vs. Facebook)

"Max, ich weiß, dass du unser Büro kontaktiert hast. Weder der Datenschutzbeauftragte noch ich sind bereit, mit dir zu sprechen. Grüße, Gary", lautet eine von Max Schrems veröffentlichte SMS. Gary ist Gary Davis, Mitarbeiter der irischen Datenschutzbehörde, der Datenschutzbeauftragte, von dem die Rede ist, ist Billy Hawkes.

Die Behörde hat ganz offenbar kein weiteres Interesse, sich mit dem Jurastudenten Schrems auseinanderzusetzen. Er ist Sprecher einer Gruppe von Wiener Jurastudenten, die mit Anzeigen dafür gesorgt haben, dass die irische Datenschutzbehörde Facebook untersucht. Nach Ansicht der Studenten verstößt Facebook gegen europäisches Datenschutzrecht. Die Studenten sind aber mit der Arbeit der Behörde nicht zufrieden, kritisieren mangelnde Fairness des Verfahrens.

  • SMS von Gary Davis an Max Schrems
SMS von Gary Davis an Max Schrems

In einem Brief an Billy Hawkes beschweren sie sich, dass sie den ersten Bericht der irischen Datenschützer zu Facebook erst eine Stunde vor seiner Veröffentlichung erhalten hätten. Er wurde bei einer gemeinsamen Pressekonferenz der Behörde mit Facebook vorgestellt. Dabei habe die Behörde bestätigt, dass der Bericht Teil ihres Verfahrens ist, da eine formale Entscheidung in ihrem Verfahren erst möglich sei, wenn Facebook die Chance gehabt habe, die in dem Bericht benannten Probleme zu beseitigen. Schrems sieht in dem Bericht kein ausgewogenes und faires Ergebnis der ersten Untersuchung seiner Beschwerde.

Die Studenten von Europa vs. Facebook kritisieren zudem, dass ihnen der Zugang zu Verfahrensunterlagen verwehrt wird und sie keinen Zugriff auf die von Facebook vorgelegten Beweise oder Facebooks rechtliche Argumente erhalten.

Schrems erwägt juristische Schritte

Die irische Datenschutzbehörde weist die Vorwürfe zurück: Die eigene Untersuchung von Facebook erfolge unabhängig von Schrems Beschwerde, daher sei er nicht Teil des Verfahrens. Es seien lediglich einige Fragen zu klären, die von vielen, auch von Schrems, gestellt worden seien. In einem folgenden Schreiben machte Davis deutlich, dass er seinen Ausführungen nichts mehr hinzuzufügen habe, und reagierte auf weitere Anrufe von Schrems mit der zitierten SMS.

In Reaktion darauf geht Schrems nun mit dem Briefwechsel in die Öffentlichkeit und kritisiert die Behörde, die rund 20 Mitarbeiter hat, in einer Presserklärung scharf: "Die irische Behörde ist mit dem Verfahren klar überfordert. Nach unseren Informationen hat keiner der Beamten eine juristische Ausbildung." Schrems beharrt darauf, Partei in dem Verfahren zu sein, was die Behörde zurückweist.

Schrems erwägt nun, gerichtlich gegen die Behörde vorzugehen, und sammelt dazu Spenden: "Das Problem ist, dass eine Beschwerde vor den irischen Gerichten schnell über 100.000 Euro kosten kann, was sich keiner leisten kann - das weiß die Behörde auch. Praktisch hat die Behörde also totale Narrenfreiheit. Trotzdem prüfen wir jetzt alle Optionen, ein Spendenkonto wurde schon eingerichtet und wir fliegen kommende Woche wieder nach Irland, um mit Anwälten zu sprechen", so Schrems.

Schrems fordert Zugriff auf seine Facebook-Daten

Schrems hatte vor einem Jahr hartnäckig verlangt, alle über ihn bei Facebook gespeicherten Informationen ausgehändigt zu bekommen. Laut Artikel 12 der Europäischen Datenschutzrichtlinie, auf die sich auch Facebook beruft, ist das sein gutes Recht. Schließlich bekam er eine CD-ROM zugeschickt, auf der sich eine PDF-Datei mit rund 1.200 Seiten befand. Weil Schrems davon überzeugt war, dass einerseits nicht alle seine Daten herausgegeben worden waren, andererseits aber Informationen in der PDF-Datei enthalten waren, die er selbst längst gelöscht hatte, startete er einen Aufruf: Möglichst viele Facebook-Nutzer sollten auf dem von ihm aufgezeigten Weg ihre Daten anfordern. Und so Facebook signalisieren, dass ihnen der Umgang mit ihren Daten wichtig ist.

Wenig später erklärte Facebook, der Aufruf habe zu einer so großen Zahl von Anfragen geführt, dass man den Forderungen nicht innerhalb von 40 Tagen nachkommen könne. 40 Tage sind der Zeitraum, den der irische Datenschutzbeauftragte vorgibt. Der ist zuständig, weil Facebooks europäischer Sitz in Dublin ist.

Letztendlich hat Schrems Facebook vor rund einem Jahr bei der irischen Datenschutzbehörde angezeigt. Die hat über rund drei Monate den Datenschutz bei Facebook untersucht und im Dezember 2011 einen ersten Bericht über die Betriebsprüfung und die Gespräche mit Facebook vorgelegt. Einige Fragen wurden mit Facebook diskutiert, weil die Initiative Europe versus Facebook insgesamt 22 Beschwerden bei der Behörde eingereicht hatte.

Die Kernaussage des Berichts der irischen Datenschützer will Schrems nicht akzeptieren: Demnach hält sich Facebook an irische und europäische Richtlinien. Facebook hatte dennoch zahlreiche Änderungen versprochen, um Nutzer besser zu informieren, was mit ihren Daten geschieht. Weitere Änderungen will das Unternehmen zumindest überdenken. Schrems geht das nicht weit genug. Nichts, was die Datenschutzbehörde unternommen habe, habe dazu geführt, dass er den geforderten Zugriff auf die über ihn gespeicherten Daten auch erhielt, bemängelt er außerdem.

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ichbinsmalwieder 02. Aug 2012

Das meinst du jetzt hoffentlich nicht ernst?

Trockenobst 01. Aug 2012

Das "Recht" nach US-Denkweise ist **extrem** dehnbar. Das EU-Recht besonders. Denn auch...

ji (Golem.de) 01. Aug 2012

Warum nicht? Er läutet die Untersuchung und hat sich in der Vergangenheit offiziell zu...

clulfdp 01. Aug 2012

seine Energie aufs Studium zu verwenden wäre doch auch eine Idee, oder ? Vor allem sollte...



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