Camdass: System für Weltraummedizin mit Augmented Reality

Die europäische Raumfahrtagentur (European Space Agency, Esa) hat ein Augmented-Reality-System entwickeln lassen, mit dessen Hilfe Astronauten auf interplanetarischen Reisen medizinische Untersuchungen und Behandlungen durchführen können.

Artikel veröffentlicht am ,
Camdass: medizinische Behandlung per AR
Camdass: medizinische Behandlung per AR (Bild: Esa/Space Applications Service)

Ein Flug zum Mars dauert eine Weile - der Marsrover Curiosity etwa braucht gut ein Dreivierteljahr für die Strecke. Auf dem Weg kann ein Astronaut sich schon mal verletzen oder krank werden. Der nächste Arzt ist weit, also müssen die Mitreisenden dem Patienten helfen. Das Computer Assisted Medical Diagnosis and Surgery System (etwa: Computergestütztes System für die medizinische Diagnose und Chirurgie, Camdass) soll ihnen dabei helfen.

Laien als Behandelnde

Das System wurde im Auftrag der europäischen Raumfahrtagentur (European Space Agency, Esa) vom belgischen Unternehmen Space Applications Services zusammen mit der Technischen Universität in München und dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg entwickelt. Camdass soll es auch medizinischen Laien ermöglichen, relativ schwierige Behandlungen ohne weitere Hilfe durchzuführen.

  • Camdass soll es Astronauten ermöglichen, einen kranken oder verletzten Kameraden zu behandeln - hier ein Test des Systems in Brüssel. (Bild: Esa/Space Applications Service)
  • Der Nutzer trägt einen Datenhelm mit Infrarotkamera, untersucht wird mit einem Ultraschallgerät. (Bild: Esa/Space Applications Service)
  • Im Display werden dem Nutzer Anweisungen eingeblendet. (Bild: Esa/Space Applications Service)
  • Das System soll laut Esa nicht nur in der Raumfahrt eingesetzt werden, ... (Bild: Esa/Space Applications Service)
  • ... sondern auch in der Telemedizin auf der Erde. (Bild: Esa/Space Applications Service)
Camdass soll es Astronauten ermöglichen, einen kranken oder verletzten Kameraden zu behandeln - hier ein Test des Systems in Brüssel. (Bild: Esa/Space Applications Service)

Dafür setzt der Astronaut einen Datenhelm (Head-Mounted Display, HMD) auf. Um seinen Kameraden zu untersuchen, setzt er ein Ultraschallgerät ein. Dieses ist mit dem HMD verbunden. An dem HMD ist eine Infrarotkamera befestigt, die sieht, was der Nutzer sieht. Im Display werden Marker eingeblendet, die den Nutzer führen. Sie zeigen ihm, welche Körperstellen er untersuchen soll. Außerdem bekommt er Referenzbilder eingeblendet, die zeigen, was er sehen sollte. Eine Steuerung per Spracherkennung stellt sicher, dass der Nutzer die ganze Zeit die Hände für die Untersuchung frei hat.

Bewährte Technik

Die Wahl fiel auf die Diagnosetechnik Ultraschall, weil sie heutzutage in der Medizin vielfach eingesetzt wird. Außerdem hat sie sich auf der Internationalen Raumstation auch schon als weltraumtauglich erwiesen.

"Obwohl die Besatzung auch über gewisse medizinische Kenntnisse verfügen wird, können Astronauten nicht auf alle medizinischen Behandlungen vorbereitet und trainiert werden, die erforderlich sein könnten", erklärt Arnaud Runge, der das Projekt auf Seiten der Esa betreut. In ersten Tests, die am Universitätskrankenhaus Saint Pierre in Brüssel durchgeführt wurden, hat sich das System bereits bewährt: Ungelernte Nutzer konnten eine nicht ganz einfache Behandlung ohne fremde Hilfe durchführen. Auf Basis dieser Ergebnisse werde das System jetzt weiterentwickelt, sagt Runge. Dazu gehört unter anderem, das Gewicht des Datenhelms zu verringern.

Keine Telekonsultation

Auf einer Expedition zu einem anderen Planeten werden die Astronauten weitgehend auf sich selbst gestellt sein. Wegen der langen Signallaufzeiten - vom Mars zur Erde ist ein Funksignal in eine Richtung gut 20 Minuten unterwegs - ist in einem Notfall eine Konsultation eines Spezialisten auf der Erde kaum möglich. Mit Hilfe von Camdass soll ein Patient an Bord auch ohne Hilfe von außen medizinisch betreut werden.

Allerdings könne das System nicht nur im Weltraum eingesetzt werden. Sobald es ausgereift sei, könnte Camdass auch Teil eines Telemedizin-Systems werden, um medizinische Hilfe per Satellit an entfernte Orte zu bringen. Eine andere Möglichkeit sei, darauf basierend eine Stand-alone-Lösung für Retter zu entwickeln. "Es könnte interessant sein, weitere Tests in entfernten Regionen, etwa in Entwicklungsländern oder auf der Antarktisstation Concordia, durchzuführen", sagt Runge, bevor es schließlich im Weltraum eingesetzt werde.

Bitte aktivieren Sie Javascript.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
  • ohne Werbung
  • mit ausgeschaltetem Javascript
  • mit RSS-Volltext-Feed


Aktuell auf der Startseite von Golem.de
20 Jahre Far Cry
Das deutsche Grafikwunder

Mit Far Cry feierte der deutsche Entwickler Crytek 2004 ein viel beachtetes Debüt. Kann der Südsee-Shooter auch 20 Jahre später noch beeindrucken?
Von Benedikt Plass-Fleßenkämper

20 Jahre Far Cry: Das deutsche Grafikwunder
Artikel
  1. Softwareentwicklung: Events und APIs mit DDD entwerfen
    Softwareentwicklung
    Events und APIs mit DDD entwerfen

    Anforderungen an Software ändern sich schneller als je zuvor. Damit Entwickler da mitkommen, sollten sie Domain-driven Design nutzen. Wie das geht, zeigen wir an einem Beispiel.
    Von Annegret Junker

  2. Ausländische Fachkräfte: Intel-HR-Manager fordert Willkommenskultur in Magdeburg
    Ausländische Fachkräfte
    Intel-HR-Manager fordert Willkommenskultur in Magdeburg

    Die Politik muss sich laut Intel bei der Integration von ausländischen Fachkräften mehr anstrengen. Diese könnten sich das Land aussuchen, in dem sie arbeiten.

  3. Elektromobilität: Warum der Elektroauto-Hype erst anfängt
    Elektromobilität
    Warum der Elektroauto-Hype erst anfängt

    In den vergangenen Wochen konnte man den Eindruck gewinnen, als sei das Elektroauto schon abgeschrieben. Doch das scheint eine typisch deutsche Debatte zu sein.
    Eine Analyse von Friedhelm Greis

Du willst dich mit Golem.de beruflich verändern oder weiterbilden?
Zum Stellenmarkt
Zur Akademie
Zum Coaching
  • Schnäppchen, Rabatte und Top-Angebote
    Die besten Deals des Tages
    • Daily Deals • Super Sale bei Alternate • MindStar: AMD Ryzen 9 7900 339€, MSI RTX 4080 Super Ventus 3X OC 1.099€ • Alternate: DeepCool LS520 76,89€, Corsair RM850x 2021 124,90€ und 750x 109,90€, ADATA 64-GB-Kit DDR5-6000 206,89€ • Gratis-Zugaben PS5 Slim & Nintendo Switch OLED beim TV-Kauf [Werbung]
    •  /