Synthetische Biologie

US-Forscher schaffen künstliche Bakterien

Forscher aus den USA haben erstmals ein Bakterium mit einem künstlich geschaffenen Genom ausgestattet. Sie entwarfen das Erbgut am Computer und setzten es einem Mikroorganismus ein. Dieser reproduzierte sich mit dem synthetischen Erbgut.

Artikel veröffentlicht am ,
Synthetische Biologie: US-Forscher schaffen künstliche Bakterien

Es ist ein uralter Menschheitstraum: aus toter Materie Leben zu erschaffen. Forschern vom J. Craig Venter Institute (JCVI) ist genau das gelungen. Das Team unter der Leitung von Daniel Gibson hat ein Bakterium mit künstlichem Erbgut geschaffen, das sich selbst replizieren kann. Die Ergebnisse ihrer Arbeit haben Gibson und seine Kollegen im US-Fachmagazin Science veröffentlicht.

Erbgut aus dem Computer

Die Forscher hatten zunächst das Erbgut des Bakteriums Mycoplasma capricolum entschlüsselt und dann am Computer ein neues, aus mehr als einer Million Basenpaaren bestehendes Genom entworfen. Das stellten sie anschließend im Labor her und pflanzten es in ein Mycoplasma capricolum ein. Die künstliche DNA brachte die Wirtszelle dazu, nur noch Proteine zu produzieren, die in der synthetischen DNA codiert waren, wodurch das ursprüngliche Erbgut zerstört wurde. Nach zwei Tagen fanden die Wissenschaftler schließlich klar sichtbar eine Kolonie von Mycoplasma mit dem neuen Erbgut.

  • Mycoplasma mycoides JCVI-syn1.0 (Foto: JCVI)
Mycoplasma mycoides JCVI-syn1.0 (Foto: JCVI)

Mycoplasma mycoides JCVI-syn1.0 haben sie diesen ersten künstlich geschaffenen Organismus genannt. Er ist das Ergebnis von 15 Jahren Forschungsarbeit: 1995 hatten die Forscher um den US-Biochemiker Craig Venter das Erbgut eines Bakteriums entschlüsselt. Fünf Jahre später wurde Venter damit bekannt, dass er als Erster das menschliche Genom sequenzierte - und damit das öffentlich finanzierte Human Genome Project (HGP) überholte, das sich seit 1990 mit dem menschlichen Erbgut beschäftigte. Venter bestritt seine Arbeit mit privaten Mitteln.

Software des Lebens schreiben

"Die Fähigkeit, routinemäßig die Software des Lebens zu schreiben, öffnet die Tür zu einem neuen Zeitalter der Wissenschaft", feiern die Wissenschaftler ihre Entdeckung. Das ermögliche es beispielsweise, bessere Biokraftstoffe herzustellen, neue Impfstoffe oder Arzneimittel beziehungsweise Techniken für die Gewinnung sauberen Wassers. Bei der Forschungsarbeit hätten sie stets die gesellschaftlichen Implikationen im Blick gehabt, sagt Venter. Dieser Durchbruch sei ihrer Ansicht nach "eine der mächtigsten Technologien und industriellen Treiber zum Nutzen der Gesellschaft".

Kritiker sehen die Entwicklung weniger positiv. "Synthetische Biologie wirft sicherlich auch tiefgreifende philosophische und moralische Fragen über das Verhältnis des Menschen zur Natur auf", gibt etwa Gregory Kaebnick vom Hastings Center zu bedenken. Diese Fragen seien nicht neu, ergänzt Thomas Murray, Chef des Hastings Center. Andere wissenschaftliche Disziplinen wie die Nanotechnologie oder die Genforschung hätten sie auch schon aufgeworfen, "aber die synthetische Biologie stellt sie besonders scharf und drängend." Das in Garrison im US-Bundesstaat New York angesiedelte Hastings Center ist ein unabhängiges Forschungsinstitut, das sich seit über 40 Jahren mit Fragen der Bioethik beschäftigt.

Bakterium mit Kopierschutz

Umstritten ist Venter auch, weil er für die Privatisierung von Forschung eintritt und auf seine Entwicklungen Patente anmeldet. Auch Mycoplasma mycoides JCVI-syn1.0 will sich sein Unternehmen Synthetic Genomics patentieren lassen. Damit auch keiner das Bakterium kopieren kann, haben die Forscher ein Wasserzeichen in sein Genom eingefügt: Sie haben aus dem Alphabet der Gene und Proteine die E-Mail-Adressen der Forscher sowie drei Zitate aus literarischen Werken geformt, darunter eines aus James Joyces "Porträt des Künstlers als junger Mann": "Leben, irren, scheitern, triumphieren, Leben aus Leben neu erschaffen."

Bitte aktivieren Sie Javascript.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
  • ohne Werbung
  • mit ausgeschaltetem Javascript
  • mit RSS-Volltext-Feed


zzz 25. Mai 2010

Es ist doch absolut normal. Lebewesen zu patentieren. Siehe nur schon die...

fghjfghjf 25. Mai 2010

Von was du wieder ausgehst. Ich darf doch als Biologe meiner eigenen "Branche" gegenüber...

Watzmann 25. Mai 2010

Die Amerikaner forschen um zu heilen. *ROFL*

Watzmann 25. Mai 2010

Toll, dann können wir uns ja in Zukunft auf eine Menge interessanter Krankheiten freuen.



Aktuell auf der Startseite von Golem.de
Health-Studie
ITlern in Deutschland geht es nicht gut

Körperliche Beschwerden, psychische Probleme, schlechte Work-Life-Balance: Das Ergebnis der Golem.de-Gesundheitsumfrage gibt Anlass zur Sorge - aber zeigt auch Lösungsansätze.
Von Daniel Ziegener

Health-Studie: ITlern in Deutschland geht es nicht gut
Artikel
  1. Brännboll-Kollektion: Ikea setzt auf integrative Gamer-Möbel
    Brännboll-Kollektion
    Ikea setzt auf integrative Gamer-Möbel

    Ikea bringt eine neue Reihe von Gaming-Möbeln auf den Markt, die sich von der stereotypen Gamer-Ästhetik absetzen.

  2. Elon Musk: Tesla entlässt mehr als jeden zehnten Mitarbeiter
    Elon Musk  
    Tesla entlässt mehr als jeden zehnten Mitarbeiter

    Die Gerüchte haben sich bestätigt: Firmen-Chef Elon Musk will weltweit mehr als zehn Prozent der Tesla-Mitarbeiter entlassen.

  3. Louisa Specht-Riemenschneider: Bonner Professorin wird neue Bundesdatenschutzbeauftragte
    Louisa Specht-Riemenschneider
    Bonner Professorin wird neue Bundesdatenschutzbeauftragte

    Die Nachfolgerin von Ulrich Kelber als oberste deutsche Datenschützerin steht fest.

Du willst dich mit Golem.de beruflich verändern oder weiterbilden?
Zum Stellenmarkt
Zur Akademie
Zum Coaching
  • Schnäppchen, Rabatte und Top-Angebote
    Die besten Deals des Tages
    • Daily Deals • Panasonic OLED-TV 54% billiger • HP Omen 16.1" FHD/144 Hz, Ryzen 7 6800H, RTX 3070 Ti 999€ • Alternate: Notebook- und Super-Sale • MindStar: Gigabyte RTX 4070 SUPER Aero OC 669€, Lexar ARES RGB 32-GB-Kit DDR5-6000 109€ • MSI 27" WQHD 165Hz 299€ • MediaMarkt: Rabatte bis 76% [Werbung]
    •  /