LHC: Erkennen, was die Welt zusammenhält

Teilchenbeschleuniger soll Wissenschaft neue grundlegende Erkenntnisse bescheren

Was hält die Welt im Innersten zusammen? Die Antwort auf diese Frage wollen Wissenschaftler im Large Hadron Collider (LHC) finden. Das ist ein 27 Kilometer langer, ringförmiger Teilchenbeschleuniger in einem Tunnel, der in 50 bis 150 Metern Tiefe unter dem schweizerisch-französischen Grenzgebiet nahe Genf verläuft. Am 10. September 2008 wird der neue Teilchenbeschleuniger in Betrieb genommen. Kritiker fürchten jedoch, dass der LHC den Weltuntergang einläuten wird.

Artikel veröffentlicht am ,

Gemütlich haben es die Protonen und Bleiionen nicht: Erst werden sie in eine eiskalte Röhre eingeschleust und mit wahnsinniger Geschwindigkeit im Kreis herumgejagt, nur um dann mit ihresgleichen in einem Inferno zusammenzustoßen.

Lage des LHC
Lage des LHC
Die Röhre, das ist der 27 Kilometer lange, ringförmige Teilchenbeschleuniger Large Hadron Collider (Großer Hadronen-Speicherring), der sich in einem Tunnel in 50 bis 150 Meter Tiefe unter dem schweizerisch-französischen Grenzgebiet nahe Genf befindet. Hier wollen Teilchenphysiker aus aller Welt die faustische Frage beantworten, was die Welt im Innersten zusammenhält.

Dazu lassen sie zwei Teilchenstrahlen beinahe mit Lichtgeschwindigkeit (99,9999991 Prozent) aufeinanderprallen. Die Strahlen bestehen entweder aus Protonen oder aus Bleiionen, die in einem kleineren, älteren Ring, dem Super-Proton-Synchrotron, erzeugt und dann in den LHC eingespeist werden. Das erste Mal geschieht das am 10. September 2008. Interessierte können das Ereignis ab 9 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit per Webcast verfolgen.

In der Röhre herrschen Bedingungen wie im Weltall: ein Vakuum und eine Temperatur von 4,5 Kelvin. Rund 1.800 supraleitende Magnete, die entlang des Rings angeordnet sind, sorgen dafür, dass die Teilchen in der Spur bleiben. Das ist nötig, weil diese sich bei einer so hohen Geschwindigkeit nur geradeaus bewegen. Der LHC ist jedoch ringförmig. Aufgabe der Magnete ist es, die Teilchen auf eine ringförmige Bahn zu lenken. Die Feldstärke der Magneten beträgt 9 Tesla - zum Vergleich: Ein normaler, nicht supraleitender Magnet erzeugt ein Feld mit höchstens 2 Tesla.

Supraleitende Magnete im Tunnel
Supraleitende Magnete im Tunnel
Die Magnete, die eigens für den LHC entwickelt wurden, bestehen aus 15 Meter langen Röhren, in denen sich zwei Vakuumröhren für die Teilchen und ein Kühlgerät, Kryostat genannt, befinden. Das Kühlmittel der Magneten ist flüssiges Helium, das eine Temperatur von 1,9 Kelvin hat. Das ist niedriger als die Durchschnittstemperatur im Weltall. Durch die enorme Kälte, die erstmals im April 2008 in einem Sektor erreicht wurde, schrumpfte die Röhre in diesem Sektor um 10 Meter.

Ein Strahl besteht aus 3.000 Teilchenpaketen, von denen jedes etwa 100 Milliarden Teilchen enthält. Da die Teilchen sehr klein sind, ist die Wahrscheinlichkeit, dass zwei kollidieren, sehr gering: Treffen zwei Pakete mit 200 Milliarden Teilchen aufeinander, kommt es gerade mal zu etwa 20 Kollisionen. Da in einer Sekunde Teilchenstrahlen 30 Millionen Mal aufeinandertreffen, kommt es trotzdem zu rund 600 Millionen Kollisionen pro Sekunde.

 

Wegen der hohen Geschwindigkeit, mit der die Teilchen aufeinanderstoßen, verwandelt sich die Materie in Energie und diese wieder zu Masse. Die Energie, die bei jeder Kollision von zwei Protonen frei wird, beträgt dabei bis zu 14 Tera-Elektronenvolt (TeV). 1 TeV entspricht etwa der Bewegungsenergie einer Mücke, die jedoch eine Billion Mal so groß ist wie ein Proton. Werden in dem Teilchenbeschleuniger Bleiionen zur Kollision gebracht, kann die pro Kollision frei werdende Energie sogar bis zu 1.150 TeV betragen. Das ist 30-mal mehr als am Schwerionenbeschleuniger Relativistic Heavy Ion Collider (RHIC) am Brookhaven National Laboratory in Upton im US-Bundesstaat New York, der derzeit die höchste Energie für Schwerionenkollisionen liefert.

LHC im Bau
LHC im Bau
Damit ist der LHC der leistungsfähigste Teilchenbeschleuniger der Welt. Experten gehen davon aus, dass der LHC die Teilchenphysik in den nächsten ein bis zwei Jahrzehnten bestimmen wird. Am LHC können Reaktionen bei Energien untersucht werden, die zehnmal größer sind als die Energien, die an bisherigen Teilchenbeschleunigern erreicht wurden.

Der vier Meter im Durchschnitt messende Tunnel wurde bereits in den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts für den Large Electron-Positron Collider (LEP) gebaut, der im Jahr 2000 stillgelegt wurde.

Bitte aktivieren Sie Javascript.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
  • ohne Werbung
  • mit ausgeschaltetem Javascript
  • mit RSS-Volltext-Feed
LHC: Erkennen, was die Welt zusammenhält 
  1. 1
  2. 2
  3. 3
  4. 4
  5.  


GodsBoss 17. Apr 2013

Wie war das mit den Gerüchten? Beim Fall in ein schwarzes Loch gibt es keinen Aufprall...

Maik1 30. Sep 2008

Du irrst dich. Solche Kollisionen wie im LHC kommen eher nicht in der Natur vor, dort...

Maik1 30. Sep 2008

" res", noch alles klar? Du solltest mit deinen Worten vorsichtig sein! Wenn ich deinen...

PP - Der Göttliche 15. Sep 2008

Ich frage mich, ob schwarze Löcher eines Tages Notebooks zu einer längeren Akkulaufzeit...



Aktuell auf der Startseite von Golem.de
20 Jahre Far Cry
Das deutsche Grafikwunder

Mit Far Cry feierte der deutsche Entwickler Crytek 2004 ein viel beachtetes Debüt. Kann der Südsee-Shooter auch 20 Jahre später noch beeindrucken?
Von Benedikt Plass-Fleßenkämper

20 Jahre Far Cry: Das deutsche Grafikwunder
Artikel
  1. Softwareentwicklung: Events und APIs mit DDD entwerfen
    Softwareentwicklung
    Events und APIs mit DDD entwerfen

    Anforderungen an Software ändern sich schneller als je zuvor. Damit Entwickler da mitkommen, sollten sie Domain-driven Design nutzen. Wie das geht, zeigen wir an einem Beispiel.
    Von Annegret Junker

  2. Ausländische Fachkräfte: Intel-HR-Manager fordert Willkommenskultur in Magdeburg
    Ausländische Fachkräfte
    Intel-HR-Manager fordert Willkommenskultur in Magdeburg

    Die Politik müsse sich laut Intel bei der Integration von ausländischen Fachkräften mehr anstrengen. Diese könnten sich das Land aussuchen, indem sie arbeiten.

  3. Elektromobilität: Warum der Elektroauto-Hype erst anfängt
    Elektromobilität
    Warum der Elektroauto-Hype erst anfängt

    In den vergangenen Wochen konnte man den Eindruck gewinnen, als sei das Elektroauto schon abgeschrieben. Doch das scheint eine typisch deutsche Debatte zu sein.
    Eine Analyse von Friedhelm Greis

Du willst dich mit Golem.de beruflich verändern oder weiterbilden?
Zum Stellenmarkt
Zur Akademie
Zum Coaching
  • Schnäppchen, Rabatte und Top-Angebote
    Die besten Deals des Tages
    • Daily Deals • Palit 4070 Super 579,95€ • Xbox-Controller ab 39,99€ • AVM Fritzbox + Repeater -30% • DVDs & Blu-rays -31% • EA -75% • Ubisoft -50% • MindStar: AMD Ryzen 9 7900 339€, MSI RTX 4080 Super Ventus 3X OC 1.099€ • Gratis-Zugaben PS5 Slim & Nintendo Switch OLED beim TV-Kauf [Werbung]
    •  /