Prisma: Endlich künstlerisch wertvolle Handy-Fotos

Hunderte Apps versprechen, Fotos mit Filtern schöner zu machen. Keiner gelingt das so gut wie Prisma. Doch Kritiker sprechen von einem Privatsphäre-Albtraum.

Artikel veröffentlicht am , Simon Hurtz/Süddeutsche.de
Aus Bildern macht Prisma Kunstwerke, will dafür aber Nutzerdaten.
Aus Bildern macht Prisma Kunstwerke, will dafür aber Nutzerdaten. (Bild: Prisma)

Wer in den vergangenen zwei Wochen soziale Netzwerke genutzt hat, kennt Prisma. Wenn schon nicht den Namen der App, dann doch zumindest die Fotos, die mit Prisma bearbeitet wurden. Tausende Nutzer haben plötzlich Profilbilder, die aussehen wie Kunstwerke oder teilen Urlaubsfotos im Stile von van Gogh oder Kandinsky.

Auf den ersten Blick ist Prisma vollkommen überflüssig - es gibt Hunderte Apps, die versprechen, banale Bilder mit speziellen Filtern interessanter zu machen. Doch bei Prisma wird dieses Versprechen tatsächlich eingelöst, die Ergebnisse sind faszinierend. Ohne Vorkenntnisse und mit minimalem Aufwand werden aus Handy-Schnappschüssen ästhetische Bilder. Bislang brauchte es dafür professionelle Software und jede Menge Photoshop-Tutorials.

Jedes Bild muss in die Cloud hochgeladen werden

Was Prisma von anderen Apps unterscheidet, ist künstliche Intelligenz. Anstatt einfach nur einen statischen Filter über das Foto zu legen, zeichnet oder malt ein Algorithmus das Bild komplett neu. Ähnlich wie Googles Deep Dream kommen dabei neuronale Netzwerke zum Einsatz. Obwohl in modernen Smartphones mittlerweile jede Menge Rechenleistung steckt, würden sie für diese aufwendige Neuberechnung lange brauchen. Deshalb lädt die App jedes Foto auf die Server des Anbieters, wo es von Hochleistungsrechnern in der Cloud bearbeitet wird.

  • Die blau umspülte Redaktionszentrale erinnert an "Die große Welle" des japanischen Künstlers Katsushika Hokusai. Enstanden ist es durch den Filter "Wave". (Bild: Prisma App)
  • Aus mehr als 40 Filtern kann man bei der neuen Applikation Prisma auswählen (Hier zu sehen: "Light Summer Reading"). (Bild: Prisma App)
  • Mit "Flame Flower" wird das SZ-Hochhaus in ein feuriges Rot getaucht. (Bild: Prisma App)
  • Ziemlich abstrakt: Der Filter "Mondrian" nimmt Bezug auf die Bilder des niederländischen Malers Piet Mondrian. Der ist dem Konstruktivismus zuzuordnen. Große Farbflächen, rechter Winkel und vertikale Linien sind bezeichnend für Mondrians Werk. (Bild: Prisma App)
  • Ist das Kommerz oder Kunst: Der Filter "Roy" bringt etwas Pop Art auf das Foto - inspiriert von Roy Lichtenstein. (Bild: Prisma App)
Die blau umspülte Redaktionszentrale erinnert an "Die große Welle" des japanischen Künstlers Katsushika Hokusai. Enstanden ist es durch den Filter "Wave". (Bild: Prisma App)

Das bringt zwei Probleme mit sich. Das erste ist vergleichsweise trivial und lässt sich recht einfach umgehen: Da jedes Bild in die Cloud wandert, zehrt das am mobilen Datenvolumen. Insbesondere im Ausland kann das schnell teuer werden. Wer ganze Fotoalben mit Prisma-Bildern füllen will, sollte also vorher Ausschau nach einem WLAN-Netz halten.

Das zweite Problem lässt sich überhaupt nicht umgehen und erfordert vor allem eines: Vertrauen. Prisma behält sich in seinen Datenschutzbestimmungen vor, Nutzerdaten mit Drittanbietern zu teilen, darunter auch Werbeunternehmen, die daraufhin zielgerichtete Anzeigen schalten könnten. Wer Fotos bei Prisma hochlädt, bleibt zwar weiter Urheber und Eigentümer der Bilder (sofern er sie selbst gemacht hat), tritt allerdings weitreichende Nutzungsrechte ab und überträgt Prisma eine weltweite Lizenz, diese Bilder zu vermarkten.

Hinter Prisma steckt Mail.ru

Das ist kein "Privatsphäre-Albtraum", den manche Medien konstruieren. Tatsächlich findet sich dieser Satz wortgleich auch in den AGB von Instagram und anderer sozialer Netzwerke. Dass es keine gute Idee ist, solchen Plattformen private und womöglich intime Fotos anzuvertrauen, sollte ohnehin klar sein. Das gilt für Mark Zuckerberg und seine Facebook Inc. (zu der Instagram gehört), und das gilt auch für die Unternehmen hinter Prisma.

Der Entwickler heißt Alexey Moiseenkov, zuvor arbeitete er bei der russischen Internet-Holding Mail.ru, zu der auch das Netzwerk VK und ICQ gehören. Dieses Unternehmen ist auch einer der Investoren bei Prisma. Moiseenkov sagte dem Tech-Portal Techcrunch, dass die Original-Fotos nicht gespeichert würden; die Dateien lägen in einem Format vor, dass nicht ausgelesen werden könne - und selbst diese Dateien würden nach "einiger Zeit" wieder gelöscht und nur vorsichtshalber zwischengespeichert, falls die Datenübertragung aufgrund schlechter Verbindungsqualität scheitere. Überprüfen lassen sich diese Informationen allerdings nicht.

Momentan nur für iOS, eine Android-Version soll folgen

Momentan können lediglich Apple-Nutzer Fotos mit Prisma-Filtern versehen. Die iOS-Version gibt es seit Mitte Juni und sie rangiert in vielen osteuropäischen Ländern auf Platz eins der iTunes-Charts. Eine Android-Variante werde im Laufe des Julis folgen, kündigte Moiseenkov an. In Zukunft soll es auch möglich sein, Videos mit Kunstfiltern anzureichern.

Die App ist kostenlos, gesponserte Filter sollen Einnahmen generieren. Zumindest bei Snapchat klappt das hervorragend. Hoffentlich ein gutes Omen für Moiseenkov - und ein gutes Zeichen für die Nutzer, die sich sorgen, dass zusätzlich ihre Daten zu Geld gemacht werden.

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cedric858 21. Jul 2016

Es gibt zwar noch nicht die PRISMA App für Android. Wer es aber gerne trotzdem einmal...

21:9FTW 18. Jul 2016

Obwohl ich keine Erfahrung hatte hat es bei mir mit Ubuntu eigentlich ganz gut geklappt...

Kumpeljesus 14. Jul 2016

Habe mir die App gerade auf mein iPad geladen, da steht jetzt aber nur irgend ein Wort...

Anonymer Nutzer 14. Jul 2016

Vielleicht nicht mit einem Klick - aber mit ein paar mehr schon :)



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