Autotracker Tanktaler: Wen juckt der Datenschutz, wenn's Geld gibt?

Viele Autokonzerne sammeln heimlich die Daten ihrer Fahrzeuge für meist unbekannte Zwecke. Ein Münchner Startup hingegen zeigt, dass die Fahrer mit ihren Autodaten selbst Geld verdienen können.

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Der Tanktaler-Stecker zum Tracken des Autos
Der Tanktaler-Stecker zum Tracken des Autos (Bild: Martin Wolf/Golem.de)

Schöne neue Autowelt: Die vernetzten und automatisierten Fahrzeuge der Zukunft werden permanent getrackt und senden alle wichtigen Daten zu Strecke und Auto an eine Cloud. Per Smartphone lässt sich von der Couch aus nicht nur der Standort des Wagens herausfinden und ein digitales Fahrtenbuch verwalten, auch Daten wie Tankfüllung oder Batteriezustand können abgelesen werden. Um an dieser schönen neuen Autowelt teilzuhaben, muss man aber nicht seinen alten Wagen verkaufen und sich ein Hightech-Modell anschaffen. Die Münchner Thinxnet GmbH hat ein Konzept entwickelt, das aus jedem Fahrzeug mit OBD2-Schnittstelle und einer App ein "smartes Auto" machen soll. Der Clou: Anstatt dafür zu bezahlen, erhalten die Nutzer sogar noch Geld: sogenannte Tanktaler. Doch ist das Grund genug dafür, seine Daten zu verkaufen und ein "gläserner Autofahrer" zu werden?

Inhalt:
  1. Autotracker Tanktaler: Wen juckt der Datenschutz, wenn's Geld gibt?
  2. Fahrzeugdaten zur Big-Data-Analyse
  3. Datenschutz? 'So ist das eben im Internet'

Erst kürzlich hat der ADAC die Autokonzerne dafür kritisiert, die Fahrzeuge ihrer Kunden heimlich auszulesen, ohne selbst zu wissen, was mit den Daten passiert. Zudem scheint sich das Interesse der Autofahrer am Tracking ihrer nicht vernetzten Fahrzeuge in Grenzen zu halten. Ein recht teures Produkt des Mobilfunkunternehmens O2 für 99 Euro wurde inzwischen wieder eingestellt. Offenbar waren nur wenige Autofahrer von Preis und Nutzen des Angebots überzeugt. Thinxnet sollte daher einiges anders und besser machen, um erfolgreich zu sein.

Rein technisch dürften sich das O2-Car-Connection-Kit und der Tanktaler wenig unterscheiden. Bei beiden Angeboten geht es darum, über den OBD2-Anschluss bestimmte Daten auszulesen, die Fahrten zu tracken und alles per Mobilfunk an einen Server zu senden. Der Thinxnet-Stecker verfügt dazu über einen eigenen Beschleunigungssensor, ein GPS/GSM-Modul, eine SIM-Karte, eine CPU sowie einen Flash-Speicher. Je nach Automodell werden Kilometerstand, Batteriespannung und Tankfüllstand ausgelesen. Eine eigene Batterie sorgt dafür, dass die Daten auch erhalten bleiben, wenn die Autobatterie einmal ausfallen sollte.

Autostandort ständig per App verfügbar

Fährt das Auto los, sendet der Stecker zudem Daten zu Standort, zurückgelegtem Weg und Durchschnittsgeschwindigkeit an den Tanktaler-Server. Die gefahrene Strecke und der aktuelle Standort lassen sich dann in Echtzeit über das Smartphone verfolgen. Jede Fahrt wird einzeln über die App protokolliert und lässt sich nachträglich wieder detailliert aufrufen, einschließlich Entfernung, Durchschnittsgeschwindigkeit, Fahrtzeit und maximaler Motordrehzahl. Die genaue Strecke ist per Google Maps protokolliert. Der Fahrer weiß daher immer, wo sich sein Auto gerade befindet - was ganz praktisch sein kann. Sei es auch nur, um in einer fremden Stadt nicht ewig nach der kleinen Seitenstraße zu suchen, in der man das Auto geparkt hatte. Und schließlich könnte es auch sein, dass Autodiebe den kleinen Stecker übersehen ...

Für jeden gefahrenen Kilometer etwa 0,24 Cent

Falls einem Autofahrer diese Gründe nicht ausreichen sollten, hat Thinxnet sich das Konzept der Tanktaler ausgedacht. Auf diese Weise können die Autofahrer daran "verdienen", dass sie während der Fahrt ihre Daten an Thinxnet übertragen. Um die Provision zu bekommen, gibt es mehrere Möglichkeiten. Zum einen erhält man für jeden gefahrenen Kilometer einen Tanktaler, der derzeit einem Gegenwert von 0,1 Cent entspricht. Für jeden getankten Liter Sprit werden zusätzliche 20 Tanktaler (zwei Cent) gutgeschrieben. Bei einem Verbrauch von sieben Litern pro 100 Kilometer ergeben sich daher rechnerisch 240 Tanktaler pro 100 Kilometer, was 24 Cent entspricht. Bei einer Fahrleistung von 20.000 Kilometern im Jahr sind das immerhin 48 Euro.

  • Zusammen mit dem Verlängerungskabel lässt sich der Tanktaler-Stecker problemlos installieren. (Foto: Martin Wolf, Golem.de)
  • Der Stecker verfügt über einen Beschleunigungssensor, ein GPS/GSM-Modul, eine SIM-Karte, eine CPU, eine Batterie sowie einen Flash-Speicher. (Foto: Martin Wolf, Golem.de)
  • Die OBD2-Schnittstelle befindet sich üblicherweise unter dem Armaturenbrett. (Foto: Martin Wolf, Golem.de)
  • Die Smartphone-App zeigt unmittelbar an, dass der Stecker erkannt wurde. (Foto: Martin Wolf, Golem.de)
  • Die App zeigt während des Fahrens in Echtzeit die Position des Autos an. (Foto: Martin Wolf, Golem.de)
  • Die Fahrleistungen werden von der App zusammengefasst und nach bestimmten Kriterien sortiert. (Screenshot: Golem.de)
  • Der Server erkennt zuverlässig, ob in Deutschland eine Tankstelle aufgesucht wurde. (Screenshot: Golem.de)
Der Stecker verfügt über einen Beschleunigungssensor, ein GPS/GSM-Modul, eine SIM-Karte, eine CPU, eine Batterie sowie einen Flash-Speicher. (Foto: Martin Wolf, Golem.de)


Doch das ist noch nicht alles. So gibt es Zusatzpunkte, wenn man bei Partnerunternehmen einkauft. Das merkt Thinxnet daran, dass der Firmenparkplatz aufgesucht wird. "Für unsere Partnerunternehmen, das können Tankstellen, Baumärkte, Supermärkte oder z. B. auch Onlinehändler wie Kiveda sein, ermöglicht Tanktaler offline wie online völlig neue Wege der gezielten Kundenansprache und der Kunden-Interaktion", heißt es in den FAQ des Unternehmens. Während unseres Tests in Berlin gab es beispielsweise 300 Tanktaler extra für den Einkauf bei einer bestimmten Supermarktkette.

Nur in wenigen Regionen verfügbar

Allerdings zählt Berlin nicht zu den Regionen, in denen Tanktaler bereits im eigentlichen Sinne aktiv ist. Derzeit können nur Autofahrer in den Regionen München und Köln die Stecker kostenlos erhalten. In den übrigen deutschen Städten gibt es offenbar noch nicht genügend Interessenten, um Firmen zur Teilnahme an dem Konzept zu bewegen. Thinxnet bietet die Stecker aber auch für 79 Euro bei Amazon an, wobei sie derzeit nicht lieferbar sind. Zudem gibt es ein Drei-Jahres-Abo für 29 Euro im Jahr.

Doch Thinxnet will die Daten nicht nur für Werbezwecke nutzen "Mit Deiner Hilfe ist es möglich, Straßen sicherer zu machen und den Verkehrsfluss effizienter zu gestalten. Die Daten, die der Tanktaler-Stecker während jeder Fahrt sammelt, nutzen wir, um beispielsweise Straßenschäden zu erkennen oder Ampelschaltungen zu bewerten", heißt es auf der Website. Müssen die Autofahrer also damit rechnen, dass ihre Daten an andere Firmen zur Analyse weitergeleitet werden?

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Fahrzeugdaten zur Big-Data-Analyse 
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DRP 23. Nov 2016

Hahaha der war gut. Das trifft vielleicht auf 100 Straßen in ganz Deutschland zu, bei...

IchBIN 24. Jun 2016

Schau einfach mal auf dem Youtube Kanal von "RepoNut" vorbei, der hat zig Videos...

Netzurfer 14. Jun 2016

warum ich für ca. 50 Eur/Jahr einer Firma dabei helfen sollte, Geld zu verdienen, in dem...

IchBIN 13. Jun 2016

Ja, aber wenn man einmal versehentlich auf "Ja" geklickt hat, kann man es nicht mehr...



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