Science-Fiction: Per Anhalter durch die Bibliothek

Der Mensch erobert den Weltraum und mit ihm seine Bücher. Was uns Erzählungen wie Der Marsianer und der Hitchhiker's Guide über Posthumanismus erzählen.

Artikel von Philipp Theisohn/Zeit Online veröffentlicht am
Per Anhalter durch die Galaxis - in der Verfilmung von 2005
Per Anhalter durch die Galaxis - in der Verfilmung von 2005 (Bild: Touchstone Pictures)

Es war einmal eine Zeit, in der man dem Mars viel zugetraut hat. Erst waren da die gigantischen Gitternetzmuster, die man für Kanäle hielt. Von den Kanälen schloss man auf wunderbare technologische Standards, man begann damit, den Mars als den älteren Bruder der Erde zu begreifen. Manche erträumten sich dort eine utopische Zukunftsgesellschaft, wie wir sie in Sophus Michaelis' Stummfilm Himmelskibet (1918) vorfinden. Pazifistische, vegetarische, ja: bisweilen sogar dezidiert feministische Gemeinschaften - man lese nur den 1893 erschienenen Roman Unveiling a parallel von Alice Ilgenfritz Jones und Ella Marchant - bevölkern den Mars.

  • So stellte sich die Nasa eine Marslandung 1964 vor. (Aeronutronic Divison, Philco Corp/NASA)
  • Und so sieht die Realität aus: Nur Sand gibt es im Überfluss - 360-Grad-Panorama vom Marskrater Gale, das aus Bildern von Curiosity montiert wurde. (Foto: Nasa/JPL-Caltech/MSSS)
  • Die Ziele der Nasa: der Mond, ein Asteroid, der Mars (Bild: Nasa)
  • Und mit diesem Raumfahrzeug sollen sie angesteuert werden: das Orion MPCV. (Bild: Nasa)
  • Der aktuelle Stand: Eine Testversion der Raumkapsel wird für pyrotechnische Tests am Boden vorbereitet (im Mai 2013). (Foto: Jim Grossman/Nasa)
  • Die Kapsel wird am Ende der Reise wassern wie einst die Apollo-Kapseln. (Wasserungstest im Juli 2011) (Foto: Nasa)
  • Neue Ziele, neue Rakete: das Space Launch System (SLS) wird die Orion in das Weltall befördern. (Bild: Nasa)
  • SLS mit einem Orion MPCV (Bild: Nasa)
  • Extraterrestrische Kolonie: 2021 will das niederländische Unternehmen Mars One Menschen auf dem Nachbarplaneten ansiedeln. Bewerber gibt es genug. (Bild: Mars One)
  • Die Europäer wollen ebenfalls zum Nachbarplaneten: Exomars heißt das Projekt der Esa. (Bild: Esa)
  • 2016 sollen ein Orbiter und ein Lander zum Mars fliegen. (Bild: Esa)
  • Der Lander wird sich vom Orbiter trennen... (Bild: Esa)
  • ... und in die Marsatmosphäre eintreten... (Bild: Esa)
  • .. und schließlich auf der Oberfläche landen. (Bild: Esa)
  • 2018 wollen die Europäer einen Rover auf den Mars bringen - hier ein Prototyp aus dem Jahr 2010. (Foto: Thales Alenia Space)
  • Schon dort: der Marsrover Curiosity. Das Selbstporträt ist aus 55 Einzelaufnahmen zusammengesetzt, die am 31. Oktober 2012 aufgenommen wurden. (Foto: Nasa/JPL-Caltech/Malin Space Science Systems)
So stellte sich die Nasa eine Marslandung 1964 vor. (Aeronutronic Divison, Philco Corp/NASA)

Früh fanden sich auch schon die Mahner, die in der Überlegenheit der Marsianer ein Bedrohungspotenzial ausmachten. Kurd Laßwitz' grandioses Kontakt-Epos Auf zwei Planeten zum Beispiel - und natürlich H.G. Wells' War of the Worlds (beide erschienen 1897).

Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Marskanäle gar keine Kanäle waren, sondern optische Täuschungen, blieb die fantastische Marswelt dennoch der menschlichen Vorstellung erhalten und fand im Space Pulp, bei Edgar Rice Burroughs und Leigh Brackett ein neues Zuhause. Erst 1965, als Mariner 4 uns die ersten Nahaufnahmen von der toten Marsoberfläche übermittelte, zerbrach diese Welt.

An ihre Stelle trat die Überzeugung, dass der Mars nicht besiedelt, aber immerhin mit einer Marskolonie zu besiedeln sei. Damit überzog den Roten Planeten die Ideologie der Machbarkeit. Der Mars ist seitdem nur noch unter Berücksichtigung des Maßes an Einsatz zu erzählen, das es braucht, um ihn zu einer zweiten Erde zu machen. Solange er Mars bleibt, stört er, ist er im Weg. Sich gegen ihn zu behaupten, ihn sich zu unterwerfen, eben: ihn zu kolonisieren, zeugt von Heldentum. Die äußerste Form dieses naiven Heroismus aber ist bekanntlich die Robinsonade.

An The Martian stört nur der Titel

Und da wären wir bei jenem Text, mit dessen Verfilmung sich die Feuilletons in den kommenden Monaten auseinandersetzen werden, bei Andy Weirs The Martian. Es handelt sich um ein Dokument schonungsloser Ehrlichkeit, an dem nur der Titel stört. Denn der versehentlich auf dem Mars zurückgelassene Astronaut Mark Watney ist alles, aber kein Marsianer.

  • Der Marsianer bleibt bei allem, was er tut, ein Erdbewohner, der in widriger Umgebung das Recht des Menschen auf Unverwüstlichkeit durchsetzt und damit demonstriert, dass die "Vererdung" des Mars eben durchaus machbar wäre. (Bild: 20th Century Fox)
  • Die Erde als gedankliches Zentrum hat der vorgebliche Marsianer nie hinter sich gelassen. (Bild: 20th Century Fox)
  • Andy Weir gleitet an der durchaus entscheidenden Frage vorbei, ob wir überhaupt in der Lage sind, uns als Außerirdische zu denken. (Bild: 20th Century Fox)
  • The Martian ist ein Dokument schonungsloser Ehrlichkeit, an dem nur der Titel stört. Denn der versehentlich auf dem Mars zurückgelassene Astronaut Mark Watney ist alles, aber kein Marsianer. (Bild: 20th Century Fox)
  • Mit der Verfilmung von Andy Weirs The Martian werden sich die Feuilletons in den kommenden Monaten auseinandersetzen. (Bild: 20th Century Fox)
  • Der gesamte erzählerische Aufwand von Der Marsianer  richtet sich auf die technologische Plausibilisierung dieses Überlebens, was Weir viel Lob vonseiten der Weltraumforschung sowie das Missverständnis eingebracht hat, es handle sich bei The Martian um gelungene Science-Fiction. (Bild: 20th Century Fox)
The Martian ist ein Dokument schonungsloser Ehrlichkeit, an dem nur der Titel stört. Denn der versehentlich auf dem Mars zurückgelassene Astronaut Mark Watney ist alles, aber kein Marsianer. (Bild: 20th Century Fox)


Bei allem, was er tut, bleibt er ein Erdbewohner, der in widriger Umgebung das Recht des Menschen auf Unverwüstlichkeit durchsetzt und damit demonstriert, dass die "Vererdung" des Mars eben durchaus machbar wäre. Der gesamte erzählerische Aufwand richtet sich auf die technologische Plausibilisierung dieses Überlebens, was Weir viel Lob vonseiten der Weltraumforschung sowie das Missverständnis eingebracht hat, es handle sich bei The Martian um gelungene Science-Fiction.

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Kann der Mensch außerirdisch denken? 
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