Vorschlag zu Icann-Übergabe: Es wird kompliziert
CSC, IFR, SCWG: Mehrere neue Gremien sollen in Zukunft die Arbeit der Internetverwaltung Icann kontrollieren und organisieren. Bis Anfang September kann der 199-seitige Reformvorschlag kommentiert werden. Doch im US-Senat formiert sich Widerstand.
Nach monatelangen Diskussionen liegt nun ein konkreter Vorschlag zur Unabhängigkeit der sogenannten Internetverwaltung Icann vor. Das am vergangenen Freitag vorgestellte 199-seitige Papier sieht mehrere Gremien vor, die die Arbeit der Icann (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers) und ihrer Unterabteilung Iana (Internet Assigned Numbers Authority) bei der Vergabe von IP-Adressen und Top Level Domains (TLD) kontrollieren sollen. Bislang untersteht die Iana formal noch einer Abteilung des US-Handelsministeriums, der National Telecommunications and Information Administration (NTIA).
Die USA hatten im März 2014 angekündigt, bis September dieses Jahres die Kontrolle über die Icann lockern zu wollen. Dieser ambitionierte Zeitplan wird nicht eingehalten werden können. Nun soll die US-Kontrolle im Juli 2016 abgegeben werden. Der Entwurf kann bis zum 8. September 2015 kommentiert werden.
Operative Aufsicht durch Kundenausschuss
In dem Vorschlag geht es darum, die drei Iana-Funktionen für die Vergabe von Domainnamen, IP-Adressen und die Protokollregistrierung sicherzustellen und zu kontrollieren. Demnach soll die bisherige operative Aufsicht durch das US-Handelsministerium künftig von einem Ständigen Kundenausschuss (Costumer Standing Committee, CSC) übernommen werden. Das CSC soll die ausreichende Leistungsfähigkeit der Iana für die direkten Kunden der Iana-Namensfunktion kontrollieren, wie es in dem Vorschlag heißt. Dem Gremium sollen nur wenige Vertreter generischer und länderspezifischer TLD-Operatoren angehören.
Daneben wird ein sogenanntes Iana Functions Review Team etabliert (IFR-Team). Diese Funktionsüberprüfung soll über einen Multistakeholder-Prozess organisiert werden. Alle Interessengruppen, die in der Icann repräsentiert sind, sollen sich an der Arbeit des IFR-Teams beteiligen. Das Team soll periodische Berichte erstellen, aber auch kurzfristig einberufen werden können, wenn es Beschwerden gibt. Der Vorschlag sieht einen mehrstufigen Eskalationsmechanismus bei Problemen mit der Namensfunktion vor. Sollte dabei keine Einigung erzielt werden können, wäre eine Trennung möglich. Zu diesem Zweck soll dann eine Separation Cross Community Working Group (SCWG) einberufen werden.
US-Präsidentschaftskandidat gegen Pläne
Die regionalen IP-Adressverwalter (RIR) schlugen vor, dass die Icann weiterhin als Betreiber der Iana-Funktionen fungiert. Die RIR wollen dazu mit der Icann Dienstgütevereinbarungen (Service Level Agreements) treffen, die von einer eigenen Prüfgruppe kontrolliert werden sollen. Auch die Internet Engineering Task Force (IETF) will an den bestehenden Verfahren zur Protokollregistrierung wenig ändern. An dem bisherigen System von Vereinbarungen und Kontrollmechanismen, das von der IETF, Icann und dem Internet Architecture Board (IAB) entwickelt wurde, solle festgehalten werden.
Nach Ansicht von US-Medien gilt es noch nicht als sicher, dass der US-Kongress im kommenden Jahr die Vereinbarung akzeptiert und die Kontrolle über die Icann abgibt. Vor allem der texanische Senator und republikanische Präsidentschaftskandidat Ted Cruz wolle die Pläne von US-Präsident Barack Obama stoppen, berichtete das Wall Street Journal am vergangenen Sonntag. Cruz sorgt sich darum, dass ausländische Regierungen nach dem Ende der US-Kontrolle ihren Einfluss auf die Icann stärken könnten. Es wird befürchtet, dass autoritäre Staaten in der Organisation eine Mehrheit bilden und damit beispielsweise die weltweite Sperrung einzelner Domains durchsetzen könnten.
Regierungen wollen mehr Einfluss
So sollen auf einem Icann-Treffen in Paris im Juni mehrere Staaten angekündigt haben, ihre bislang beratende Rolle im Governmental Advisory Committee (GAC) "aufzustufen" und sich über die Interessengruppen aus Technik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft hinwegzusetzen. Die US-Regierung verweist allerdings darauf, dass anders als von China und Russland gewünscht, die Internetverwaltung nicht in eine internationale Organisation wie die ITU verlagert werden soll.
Cruz stört sich auch daran, dass der Kongress dem endgültigen Übergabevorschlag des US-Handelsministeriums nicht mehr zustimmen soll. Es soll lediglich die Möglichkeit geben, innerhalb einer Frist von 30 Tagen Widerspruch einzulegen. Es stehe nur dem US-Kongress zu, über das Eigentum der US-Regierung zu verfügen, nicht einem Ministerialdirektor im Handelsministerium, sagte Cruz.
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