Roboter: Toro wippt für die Raumfahrt
Der humanoide Roboter Toro läuft, kann auf einer Wippe stehen und soll künftig sogar auf weichem Boden laufen. Besucher können den DLR-Roboter auf der Ila in Aktion sehen.
Er geht etwas bedächtig, aber recht zielstrebig auf den Besucher am Stand des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) zu. Er bleibt kurz vor ihm stehen, streckt seine Hand aus, in der er einen kleinen blauen Würfel hält. Das DLR führt den Roboter auf der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (Ila) vor (Halle 4).
Torque Controlled Humanoid Robot, kurz Toro, sei eine Plattform für die Grundlagenforschung, erzählt Projektleiter Christian Ott Golem.de. Damit wollten die DLR-Robotiker "die Gleichgewichtsbalancierung und das technische Gehen studieren". Der Roboter ist 1,70 Meter groß und wiegt wegen seiner Leichtbauweise 75 Kilo. Er kann mit einem Controller für die Spielekonsole Xbox gesteuert werden.
Flexibel reagieren
Die Gliedmaßen des Roboters hätten drehmomentgeregelte Antriebe, erklärt Ott. Sie seien nicht starr, sondern geben nach. Das hat den Vorteil, dass der Roboter flexibel auf seine Umwelt reagieren kann: Stößt er etwa gegen ein Hindernis, kann er sich über die Drehmomentsensoren in den Gelenken ausbalancieren.
Das funktioniere so gut, dass der Toro sogar auf einer Wippe stehen könne, erzählt Ott. "Eine andere Fähigkeit ist das Ausbalancieren unter Ausnutzung der verschiedenen Gliedmaßen. Er kann sich mit Armen und Beinen festhalten und dann die Kraftverteilung so ausregeln, dass er verschiedene Gliedmaßen, zum Beispiel einen Arm oder ein Bein, lösen kann. Dann könnte er im Prinzip eine Treppe oder eine Leiter hochklettern."
Gehen auf unsicherem Untergrund
Auf flachem, festem Untergrund läuft der Roboter schon recht stabil. Sei der Boden jedoch weich und schwammig, wie etwa eine feuchte Wiese oder Sand, werde das Gehen schwieriger. "Wir wollen speziell in Richtung des Gehens auf unsicherem Untergrund forschen", sagt Ott. Das sei derzeit der Schwerpunkt ihrer Arbeit.
Dafür haben die Forscher dem Roboter vor kurzem eigens einen neuen Kopf aufgesetzt. Darin integriert ist eine Kinect, die zur Hinderniserkennung genutzt wird, sowie eine Stereokamera mit einem recht großen Abstand zwischen den beiden Kameras. Die Stereokamera dient dazu, das Gehen auf unsicherem Untergrund zu verbessern.
Umweltvergleich
Der Roboter soll zu den Daten der Sensoren in den Füßen eine weitere Referenz bekommen: Mit der Stereokamera nimmt er Merkmale in der Umgebung wahr. Daran, wie diese sich zu seinem inneren Koordinatensystem verändern, kann der Roboter mit Hilfe eines Matching-Algorithmus seine Eigenbewegung abschätzen.
Was aber hat ein humanoider Roboter auf einer Luft- und Raumfahrtschau zu suchen? Ihre Forschung habe den Fokus der Raumfahrt, alle Entwicklungen an ihrem Institut seien auf Anwendungen dafür ausgerichtet. Ein Zweibeiner wie Toro möge nicht unbedingt geeignet sein, fremde Planeten zu erforschen. Die Algorithmen für das Gehen ließen sich aber problemlos auch auf Roboter mit vier oder sechs Beinen übertragen, sagt der Robotiker.
Toro und Justin
Toro ähnelt dem humanoiden Roboter Justin, den das DLR 2009 vorgestellt hat. Er sei allerdings nicht der Nachfolger, die Entwicklung beider laufe parallel, sagt Ott: Der Ausgangspunkt von Justin war ein Oberkörpersystem mit dem Fokus auf der Manipulationsfähigkeit. Anfangs hatte er noch gar keine Beine, sondern nur ein Gestell mit Rollen.
Toro hingegen wurde von unten nach oben entwickelt: Er bestand am Anfang nur aus einem Beinpaar. Der Fokus bei dieser Arbeit seien die Gesamtkörperregelung und das Balancieren. Da die Entwicklung am Toro später begonnen hat, sind in dem Roboter Komponenten verbaut, die für Justin entwickelt wurden und inzwischen vom deutschen Roboterhersteller Kuka vertrieben werden.